Die CSU bleibt bei ihrer Kritik an den jüngsten Äußerungen aus den Kirchen zur Asylpolitik der Unionsparteien. Der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, sagte, die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz geäußerte Kritik am Kurs des Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) so kurz vor der Bundestagswahl sei ein „Kardinalfehler“. Der Weltkirchenratsvorsitzende und frühere bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte hingegen, Kirchen hätten „nicht die Aufgabe, den politisch Verantwortlichen nach dem Munde zu reden.“
Holetschek sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag: „Die Fragen der Tagespolitik gehören in einer Demokratie ins Parlament, nicht in die Predigt.“ Wenn sich die Kirchen kurz vor einer Wahl bei gesellschaftlich hochkontroversen Debatten „klar auf eine Seite schlagen, habe ich kein gutes Gefühl“, betonte der CSU-Politiker. Auch innerhalb der Kirche sei dieses Vorgehen umstritten, sagte der CSU-Politiker. Er sehe die „zentralen Kompetenzen“ der Kirchen darin, der Gesellschaft ein christliches Fundament zu geben: „Wenn die Kirchen die Rolle einer tagespolitisch getriebenen, x-beliebigen NGO (Nicht-Regierungs-Organisation) einnehmen, machen sie sich kleiner, als sie sind.“
Mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und AfD war am 29. Januar im Bundestag ein Antrag verabschiedet worden, der dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze und eine unbefristete Inhaftnahme von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern fordert. Kirchenvertreter kritisierten sowohl den Inhalt als auch die zuvor absehbare Inkaufnahme von Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD, um im Bundestag eine Mehrheit zu bekommen. Ein entsprechendes Schreiben an Bundestagsabgeordnete hatten die Leitungen der Berliner Büros der Kirchen unterzeichnet, Anne Gidion für die evangelische und Karl Jüsten für die katholische Kirche.
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag): „Um eines klarzustellen: Es war ein offenbar unabgestimmtes Schreiben der politischen Büros der Kirchen.“ Mehrere Bischöfe und Gläubige hätten sich davon distanziert. Söder, der selbst evangelisch ist, betonte: „Die Kritik nehmen wir an, aber umgekehrt müssen wir auch unsere Meinung sagen dürfen.“ Er freue sich, wenn die Kirchen sich engagieren, sagte Söder: „Ich würde mir aber auch bei Fragen, die den Kern des Christentums berühren, eine lautere Stimme der Kirchen wünschen – beispielsweise beim Lebensschutz und beim Paragrafen 218.“
Bedford-Strohm wiederum sagte am Mittwochabend bei einem Themenabend zu „Flucht, Asyl und Migration“ im sachsen-anhaltischen Stendal, es liege „ein grundsätzliches Missverständnis“ vor, wenn Politiker den Kirchen „das Recht auf kritische Stellungnahmen zu Grundorientierungsfragen“ wie dem Asylrecht absprächen. „Die Rechte der Kirchen gar von ihrem Wohlverhalten gegenüber denen abhängig machen zu wollen, die die politische Macht haben, wäre geradezu absurd“, sagte Bedford-Strohm und ergänzte: „Aus meiner Arbeit im Weltkirchenrat kenne ich solche Haltungen aus autokratisch regierten Ländern. In Demokratien haben sie keinen Platz.“
Damit spielte Bedford-Strohm offenbar auf Aussagen von CSU-Chef Söder vom vergangenen Wochenende an. Auf dem CSU-Parteitag am vergangenen Samstag hatte der bayerische Ministerpräsident die Kritik der Kirchen teils scharf zurückgewiesen. „Ich weiß, wie plural Kirchen organisiert sind, deswegen keine Kritik, aber vielleicht als kleinen Merkposten, nicht vergessen, wer am Ende noch an der Seite der Institution Kirche steht. Es sind nämlich wir. Nicht, dass irgendwann man ganz plötzlich alleine steht. Denkt mal drüber nach.“ Zudem sagte Söder, der Freistaat zahle Gehälter der Kirchen – ein stark verkürzter Hinweis auf die vertraglich geregelten Staatsleistungen.
Kritik an Söder kommt auch von der Evangelischen Jugend in Bayern. Deren Vorsitzender Malte Scholz fragte laut Mitteilung vom Donnerstag in Richtung des CSU-Chefs: „Sind Themen wie der Einsatz für die Schwächeren oder der Schutz der Schöpfung etwa keine christlichen Themen?“ Mahnende Worte von Geistlichen zu humanitären Themen dürften nicht als feindlicher Angriff auf parteipolitische Entscheidungen gesehen werden. „Unser Glaube ist politisch, aber nicht parteipolitisch“, sagte Scholz. „Deswegen müssen wir uns positionieren und dürfen Konflikten nicht aus dem Weg gehen.“ Man werde auch weiterhin den demokratischen Grundwerte-Kompass verteidigen.
(0518/13.02.2025)