Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat die Notwendigkeit einer Reform der katholischen Kirche bekräftigt. „Der sexuelle Missbrauch und seine Vertuschung ist der größte Skandal, der die Kirche in ihrer Glaubwürdigkeit infragestellt“, sagte der Limburger Bischof auf dem FAZ-Kongress „Zukunft gestalten“ am Freitag in Frankfurt am Main. „Wir müssen die systemischen Ursachen beseitigen, sonst gibt es kein Ende“, betonte er. Eine Kernursache sei „die Frage der Macht“, so auch der Ausübung sexueller Macht gegenüber Minderjährigen, deren Widerspruch oder Schutzwürdigkeit zu akzeptieren. Hier sei Vertrauen in die Kirche kaputtgegangen, das nicht zurückgewonnen, sondern nur neu aufgebaut werden könne.
Angesprochen auf das Votum der katholischen Kirche 2024, die AfD sei für Christen nicht wählbar, sagte Bätzing, dass er immer zwischen Wählern und Ideologen unterscheide. Aber da die Co-Vorsitzende Alice Weidel im Wahlkampf öffentlich ihre Meinung vorgetragen habe, müssten auch die Wähler Verantwortung für ihre Wahl übernehmen. „Wähler, du weißt, was du wählst“, sagte der Bischof.
Die hessen-nassauische Kirchenpräsidentin Christiane Tietz erklärte, die Kirche könne sich nicht nur zu privaten Dingen äußern. Die Bibel bezeichne den Menschen als Bild Gottes, aus dem sich seine Würde und damit politische Konsequenzen ableiteten. Allerdings solle die Kirche sich nicht parteipolitisch äußern.
Zum Umgang mit Menschen, die extreme politische Ansichten äußern, erinnerte Kirchenpräsidentin Tietz an die Rechtfertigungslehre. Martin Luther habe auf die Unterscheidung zwischen „Person und Werken“ Wert gelegt. „Ich möchte zwischen der Person und ihrer Position unterscheiden“, leitete Tietz ab. Der andere sei ein Mensch, „und so behandele ich ihn auch“. Sie frage das Gegenüber: „Was ist deine Angst und Sorge, die dich zu dieser Position bringt?“ So könne ein Gespräch entstehen.
Die Ökumene ist nach den Aussagen von Kirchenpräsidentin Tietz auch trotz der zentralen theologischen Differenz der Konfessionen, der Abendmahlsfrage, am Wachsen. Ein gemeinsames Abendmahl sei möglich in der Vorstellung, dass der einladende Geistliche nicht im Namen seiner Kirche, sondern im Namen Jesu Christi einlade, sagte Tietz. Bätzing räumte ein, dass nach katholischer Vorstellung die Eucharistiegemeinschaft eine Kirchengemeinschaft voraussetze. Aber „wir brauchen Zwischenschritte“, sagte Bätzing. Wer mit dem Gewissen zu einer Kommunion gehe, dass Jesus Christus ihn einlade, der dürfe das auch, sagte der Bischof.