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Ausstellung über Felix Nussbaum in Osnabrück zeigt künstlerischen Widerstand

Das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück zeigt Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit ihren Mitteln gegen Diskriminierung und Verfolgung wehren, manche unter Lebensgefahr.

Blick in die Ausstellung im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück
Blick in die Ausstellung im Felix-Nussbaum-Haus in OsnabrückBettina Meckel

„Ich wehre mich und werde nicht müde.“ Dies schrieb der Künstler Felix Nussbaum, der wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt wurde und vermutlich 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau starb. Seine Bilder spiegeln die Schrecken der Verfolgung und den Versuch des Widerstands wider. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Felix-Nussbaum-Hauses in seiner Heimatstadt Osnabrück werden diese Werke nun in einer großen Ausstellung zusammen mit Arbeiten von renommierten Gegenwartskünstlern aus aller Welt unter dem Titel „#nichtmuedewerden – Felix Nussbaum und künstlerischer Widerstand heute“ präsentiert. Um es vorwegzunehmen – eine beeindruckende Ausstellung.

Das liegt zum einen an den Ölgemälden von Nussbaum. „Selbstbildnis mit Judenpass“ zeigt den damals knapp 40-Jährigen, der den Betrachter zum Mitwisser macht – indem er den Mantelkragen hochschlägt, unter dem ein Judenstern zum Vorschein kommt. Der Porträtierte steht in einer Mauerecke und sieht sein Gegenüber ernst an. Der Betrachter muss sich entscheiden: Schaut er hin, macht sich die Situation des Malers klar und empfindet Mitgefühl oder wendet er sich ab.

Trotz eigener Todesgewissheit malte Nussbaum weiter

Bei „Selbstbildnis im Totenhemd (Gruppenbildnis)“ stehen drei Personen mit weißen Gesichtern hinter dem Maler. Eine hat einen Strick in der Hand. Kurz nach der Fertigstellung 1942 konnte Nussbaum einem Helfer mehr als 100 Gemälde übergeben, mit den Worten „Wenn ich untergehe, lasst meine Bilder nicht sterben“. Dann tauchte er unter.

Bettina Meckel

Trotz eigener Todesgewissheit malte Nussbaum danach weiter. Im letzten erhaltenen Bild „Triumph des Todes“ von 1944 nimmt ein schwarz gekleideter Engel die Gestalt des Todes an und durch seinen Blick Kontakt zum Betrachter auf. Zu sehen sind weitere Totenkopfgestalten mit Instrumenten in der Hand, getreu dem Untertitel „Die Gerippe spielen zum Tanz“. Menschliche Wesen findet man hier nicht mehr.

Unterschiedliche Aspekte des Werkes von Nussbaum werden von Künstlern aufgenommen, die ebenfalls in der Schau zu sehen sind. Oscar Muñoz hat sieben runde Stahlscheiben gefertigt, die nebeneinanderhängen. Sie wirken wie kleine Spiegel, in denen man sich sehen kann. Der Titel des Werkes ist „Aliento“, zu Deutsch „Atem“ – wenn man einen Spiegel anhaucht, erscheinen zuvor unsichtbare Porträts, die durch ein spezielles Verfahren auf die Metallspiegel gedruckt wurden. Sie stammen aus Todesanzeigen und sollen an Menschen aus Kolumbien erinnern, die gewaltsam gestorben sind – und hier dem Vergessen entrissen werden.

Ausstellung im Museumsquartier Osnabrück mit Fotos von Šejla Kamerić

Von Šejla Kamerić stammt die Arbeit „Bosnian Girl“. Sie zeigt das Foto einer jungen Frau, das mit dem Text eines niederländischen UN-Soldaten überschrieben ist, der in einer Kaserne bei Srebrenica folgende Botschaft hinterlassen hatte: „No teeth…? A mustache…? Smel like shit…? Bosnian Girl!“ Gegen diese beleidigenden (und falsch geschriebenen) Worte wehrt sie sich mit entschlossenem Blick. Das Motiv wurde 1995 als Straßenplakat in Sarajevo gezeigt – und ist seitdem oft auf Demonstrationen als Symbol für das Versagen der UN-Schutztruppen in Bosnien zu sehen.

In der Ausstellung findet sich auch ein Handyfoto des chinesischen Künstlers Ai Weiwei, das er von sich und mehreren Polizisten in einem Fahrstuhl machte, die ihn zu einer Befragung abholten. Dieses Foto steht im Zusammenhang mit „Brain Inflation“ – ein Röntgenbild der Hirnblutungen bei Ai Weiwei, zugefügt während dieser „Anhörung“. Mit beiden Arbeiten macht der Aktionskünstler die Polizeigewalt öffentlich.

Mitfühlen, mitdenken, mithandeln – am Ende sprechen die Ausstellungsmachenden ihr Publikum ganz direkt an. Was müssen wir füreinander tun? Wofür treten Sie ein? Wo ist Widerstand angebracht? Die Wände sind voll mit Antworten.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 7. Januar im Museumsquartier Osnabrück, Lotter Str. 2, www.nichtmuedewerden.de