Immer schon hat sich Europa über Migration verändert und entwickelt. Ein besonders spannender und zukunftsträchtiger Zuzug im Westen waren die Normannen, Nachkommen marodierender Wikinger aus Skandinavien.
Zum 900. Geburtstag der Eleonore von Aquitanien (um 1124-1204), deren Ehe mit König Heinrich II. von England die Normannen im Westen zur größten Machtausdehnung brachte, markiert die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) einige Stationen in deren buchstäblich bewegter Geschichte:
911: Rollo (846-931/32), ein Wikinger wohl dänischer Herkunft, führt den letzten der vielen Raubzüge der “Nordmänner” in Frankreich. König Karl der Einfältige schließt mit ihm den Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte. Rollo wechselt die Seite, lässt sich mit dem Namen Robert taufen und erhält ein königliches Lehen: den Ursprung der heutigen Normandie. Seine Nachfolger nennen sich “Herzöge der Normandie” und sind fortan christliche Lehnsmänner des französischen Königs.
ab 1017: normannische Eroberung Süditaliens. Das Königreich Sizilien (ab 1130) bleibt bis 1194 normannisch.
1066: Der uneheliche Herzog Wilhelm “der Bastard” (1027-1087) von der Normandie, ein direkter Nachkomme Rollos, erhebt zweifelhafte Erbansprüche auf den englischen Thron und greift 1066 an. Er siegt in der Schlacht von Hastings gegen König Harold II. und drückt den Angelsachsen eine normannische Herrschaft mit Enteignungen, straffer Verwaltung und Steuerzwang auf.
1137: Die willensstarke Eleonore von Aquitanien (um 1124-1204) übernimmt minderjährig die Regentschaft der kulturell hochstehenden Region südlich der Loire. Als Herzogin heiratet sie zunächst den französischen Kronprinzen und baldigen König Ludwig VII.; dann, nach einer spektakulären Ehe-Annulierung, 1152 den jüngeren Herzog der Normandie, Heinrich Plantagenet (1133-1189, Beiname Kurzmantel/Curtmantle, Court-Manteau). Aus der Ehe gehen vier Söhne hervor.
1154: Heinrich Plantagenet wird englischer König. Das dadurch entstehende riesige Herrschaftsgebiet im Westen Europas, das sogenannte Angevinische Reich, erstreckt sich von Schottland im Norden bis zu den Pyrenäen im Süden und umfasst England, die Bretagne, die Normandie, die Grafschaft Maine und Anjou sowie Aquitanien mit dem Poitou, der Auvergne, Guyenne und der Gascogne. Die normannisch-aquitanische Herrschaft in Westeuropa gelangt für ein halbes Jahrhundert zu größter Ausdehnung – versäumt aber über interne Zwiste, seine überwältigende Machtbasis gegen die französische Krone zu konsolidieren.
1189: Heinrich II. stirbt. Richard “Löwenherz” (1157-1199), Sohn Heinrichs und Eleonores und seit 1172 Herzog von Aquitanien, übernimmt die Königswürde. Doch auf dem Rückweg vom Dritten Kreuzzug gerät er 1192 in Österreich in Gefangenschaft des deutschen Kaisers. In dieser Zeit übernimmt sein glückloser Bruder Johann Ohneland (“Lackland”, 1166/67-1216) die Regentschaft. In jenen gewaltreichen Jahren in England spielt die Legende von Robin Hood, dem bösen Prinz John, dem fernen guten König Richard und dem Sheriff von Nottingham.
1199: Nach Richards Schlachtentod wird dessen Bruder Johann König von England.
1204: Das mächtige Chateau Gaillard – eine von Richard oberhalb der Seine gegen Frankreichs Krone errichtete Verteidigungsfestung im heutigen Departement Eure – fällt im März nach sechsmonatiger Belagerung; viele weitere Burgen und Städte folgen. Das Herzogtum Normandie, Stammland der Normannen, geht für England verloren. Nur drei Wochen später stirbt die Übermutter des Geschlechts, Eleonore von Aquitanien.
1214/15: Johann unterliegt in der Schlacht bei Bouvines Frankreichs König Philipp II. August. England verliert fast all seine Festlandsbesitzungen an Frankreich. Nach einer Rebellion seiner Barone muss Johann zudem dem englischen Adel in der Magna Charta von 1215 große politische Zugeständnisse machen.