In Kirche, Kino und Kreisliga – Auferstehung ist allgegenwärtig als Erzählform für Comebacks, Rettungen und Hoffnungen. Über den Kern des christlichen Glaubens irgendwo zwischen Avataren und absurden Schlagzeilen.
Jesus und Abba, die Linkspartei sowie der Kreisligist FC Bad Dürrheim haben eines gemeinsam – sie sind auferstanden. Zumindest, wenn man Schlagzeilen traut. Es ist erstaunlich, was so alles auferstehen kann: Modetrends, die schon tief im Altkleidercontainer begraben waren. Promis, die sich nach Abstürzen wieder auf dem Roten Teppich tummeln, und Leon Goretzka beim FC Bayern. Und dann wäre da die Auferstehung der Band Linkin Park im vergangenen Jahr nach dem Tod ihres Frontmanns – mit neuer Sängerin.
“Auferstehung” ist nach eigener Aussage auch das Hobby von James Bond. Im Film Skyfall wird 007 vermeintlich erschossen, drei Monate später taucht er in London wieder auf. Nach dem dramatischen Ende des jüngsten Films braucht es wohl wieder eine Auferstehung, immerhin versprach der Abspann: “James Bond will return”. Literarisch auferstehen ließ Anfang des 20. Jahrhunderts auch Arthur Conan Doyle seinen Kultdetektiv Sherlock Holmes. Der war eigentlich beim Kampf mit seinem Widersacher in die Schweizer Reichenbachfälle gestürzt und gestorben, meldete sich dann aber Jahre später in London lebendig zurück.
Auferstehung – das klingt groß, auch pathetisch. Das Wort verleiht selbst einem wiederaufgelegten Automodell einen Hauch von Ewigkeit. Es fühlt sich irgendwie passender an, wenn von der Auferstehung von Frankreichs bedeutendster Kirche Notre-Dame nach dem Brand die Rede ist, als bei DSDS-Sänger Menowin Fröhlich und seiner “Auferstehung” im Trash-TV-Format “Promis unter Palmen”.
Auch in der deutschen Geschichte hat das Wort Auferstehung Spuren hinterlassen. “Auferstanden aus Ruinen” – begann die Hymne der DDR. Und tatsächlich: Nach dem Zweiten Weltkrieg vor 80 Jahren lagen viele Städte in Trümmern, doch nach und nach entstand Neues. Ein eindrucksvolles Symbol dafür ist die Frauenkirche in Dresden. Als sie Jahrzehnte nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde, sprachen Zeitungen von der “Auferstehung der Frauenkirche”.
In Europa, so titeln Medien, soll dank dem EU-Renaturierungsgesetz aus dem vergangenen Jahr die Natur wieder auferstehen. (Die kennt das Prinzip schon seit Jahrtausenden, etwa, wenn nach Waldbränden wieder Triebe sprießen.)
Und wie bereits der FDP vor einigen Jahren gelang bei der diesjährigen Bundestagswahl der Linkspartei die Auferstehung – “ganz ohne Religion”, meldete die taz. Doch so ganz ohne Religion klappt der Blick auf das Auferstehen nicht.
Auferstehung kennen mehrere Religionen. Für den christlichen Glauben ist die Auferstehung der Kern. Jesus, Gottes menschgewordener Sohn, leidet und stirbt ans Kreuz genagelt. Drei Tage nach seinem Tod, so die Bibel, ist der Stein von seinem Grab weggerollt und es ist leer. An Ostern wird dieser Sieg des Lebens über den Tod gefeiert. Christinnen und Christen glauben daran, dass für die Verstorbenen das Leben nicht mit dem Tod einfach zu Ende ist.
Damit meinen sie nicht, dass in London quasi quicklebendig die jüngeren Ichs der Kultband Abba über die Bühne tanzen und singen – als digitale Avatare. Virtual Reality ermöglicht auf beeindruckende wie beängstigende Weise “Auferstehung”. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Opa als Hologramm wieder am Kaffeetisch sitzt. Und Forscher erwecken dank Gentechnik ausgestorbene Tiere wieder zum Leben.
Das christliche Konzept der Auferstehung passt eher zum Gefühl, wenn etwas verloren scheint, es dann aber doch anders, vielleicht besser weitergeht. Nach einer schweren Krankheit, nach einem harten Schicksalsschlag. Eine kleine Auferstehung, wenn jemand sich wieder ins Leben kämpft, neu durchstartet.
Menschen lieben Geschichten, in denen es nach einem tiefen Fall wieder nach oben geht. Doch Auferstehung meint mehr als ein bloßes Comeback – sie ist nicht einfach ein ewiges “Happy Ending” nach einem grausamen Tod. “Mit der Auferstehung ist nicht alles wieder gut, in dem Sinne, dass es wieder so ist, wie es vor dem Leiden war”, erklärt Hans-Peter Großhans, evangelischer Theologieprofessor an der Universität Münster. Sondern: “Die Auferstehung steht symbolisch dafür, dass immer wieder ein Neuanfang möglich ist.” Im katholischen Katechismus, einer Zusammenfassung der Glaubenslehre, heißt es, am Ende siege “das Leben über den Tod, die Wahrheit über die Lüge, die Gerechtigkeit über das Unrecht, die Liebe über den Hass und selbst über den Tod”.
Stärker, hoffnungsvoller geht es wohl kaum. Vielleicht wird deshalb im sportlichen Kontext die Metapher der Auferstehung besonders häufig bemüht – weil Fans dort Hoffnung ganz besonders nötig haben.