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Auf Ablehnung des Volksbegehrens “G9 jetzt! BW” folgt harsche Kritik

Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat die Zulassung eines Volksbegehrens zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums in Baden-Württemberg abgelehnt. Dies stößt bei den Initiatoren, FDP und SPD auf harsche Kritik. Die Durchführung des Volksbegehrens, so Strobl laut einer Mitteilung des Innenministeriums, sei nicht verfassungskonform. Strobl verwies auf den „erheblichen Finanzaufwand“ des neunjährigen Gymnasiums als Regelfall.

Nach der Landesverfassung dürfe es keine Volksbegehren und Volksabstimmungen über das Staatshaushaltsgesetz geben. Dies gehe auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Laut dieser seien keine Volksinitiativen über den Haushalt eines Landes zulässig, die „gewichtige staatliche Einnahmen oder Ausgaben auslösen und damit den Haushalt des Landes wesentlich beeinflussen“. Für die Umsetzung des Gesetzentwurfs wären laut Strobl allein Personalkosten in Höhe von rund 375 Millionen Euro jährlich zu erwarten.

Die Elterninitiative „G9 jetzt! BW“ reagierte am späten Montagabend auf die Ablehnung. Die auf 25 Seiten dargelegten Anforderungen stellten „für das bürgerliche Engagement extrem hohe Hürden dar“. Die Ablehnung sei „ein schwarzer Tag für über 100.000 Schüler“. Der Gesetzentwurf zum G9-Volksantrag fordere, das neunjährige Gymnasium in Baden-Württemberg wieder flächendeckend einzuführen und die laufenden G8-Klassen sofort zeitlich zu entlasten. Dass dies möglich sei, zeigten 43 G9-Modellgymnasien im Land. Nachdem viele der 106.950 Unterzeichner des Volksantrags gerade für die Entlastung der aktuellen Schülergeneration unterschrieben hätten, habe die Elterninitiative nach der Ablehnung des Volksantrags das Volksbegehren beantragt.

Die Ablehnung des Volksbegehrens, so die Elterninitiative, werde mit Kosten begründet, die 0,62 Prozent des Landeshaushaltes betragen. Dabei seien jeweils extreme Szenarien zugrunde gelegt. Die Summe von 375 Millionen Euro ergebe sich aus der Annahme, dass das Verhältnis von Schülern, die G8 oder G9 wählen, meist so ungünstig sei, dass neue Klassen gebildet werden müssen. Ob weitere rechtliche Schritte unternommen würden, müsse sorgfältig geprüft werden.

Mit seiner Entscheidung missachte Strobl „den klaren Willen der Menschen“, kritisierte der bildungspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Timm Kern. Diese Entscheidung passe nicht zur „angeblichen ‚Politik des Gehörtwerdens‘“. Nicht nur die jetzigen Jahrgänge der fünften und sechsten Klasse sollten von der Umstellung auf G9 profitieren, auch die höheren Jahrgänge müssten entlastet werden.

Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei forderte, Schülern bis zur Klasse 8 einen Wechsel zu ermöglichen. So habe es Niedersachsen mit Erfolg vorgemacht, das bringe den Schülern schnelle Entlastung und nehme „politischen Druck aus dieser Debatte“. (1666/23.07.2024)