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Assistierter Suizid: Ethikratsvorsitzender für gesetzliche Regelung

Der neue Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, fordert eine gesetzliche Regelung für den assistierten Suizid. Zwar sei bereits heute jeder, der helfe, verpflichtet, die Freiverantwortlichkeit einer Suizidentscheidung sorgfältig zu prüfen, um sich nicht strafbar zu machen, sagte der Rechtswissenschaftler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Aber es gebe bei dieser Prüfung bisher kein zu beachtendes Verfahren.

Eine Regelung sollte allerdings „nicht zu restriktiv sein“, unterstrich Frister. „So halte ich etwa ein psychiatrisches Gutachten nicht in jedem Fall für notwendig.“ Ob dies nötig sei, sollte der behandelnde Arzt entscheiden. „Aber das Vier-Augen-Prinzip muss in dem Fall gelten“, sagte der Rechtsprofessor. „Eine intensive Beratung ist ebenfalls geboten.“

Beim assistierten Suizid wird einem Sterbewilligen ein todbringendes Mittel überlassen, das sich dieser selbst verabreicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 bestätigt, dass der Suizid in Deutschland nicht strafbar und die Hilfe dabei nicht illegal ist. Damit hatte es das erst 2015 verabschiedete Verbot der sogenannten geschäftsmäßigen Suizidassistenz gekippt.

Im vergangenen Jahr waren zuletzt Vorschläge für ein neues Sterbehilfe-Gesetz im Bundestag gescheitert, die Hilfe bei der Selbsttötung rechtssicher ermöglichen, zugleich aber unterschiedlich strenge Bedingungen und Verfahren für die Abgabe tödlich wirkender Mittel festschreiben wollten. Damit bleibt es dabei, dass Suizidassistenz in Deutschland grundsätzlich erlaubt ist, teilweise aber rechtliche Unsicherheiten birgt.

Der Deutsche Ethikrat habe sich bereits in der vergangenen Amtsperiode ausführlich mit dem assistierten Suizid beschäftigt und Position bezogen, unterstrich Frister. „Meine persönliche Auffassung geht dahin, dass wir rechtlich und ethisch respektieren müssen, dass jemand freiwillig aus dem Leben scheidet.“ Dabei müsse stets geprüft werden, ob dies eine freie Entscheidung sei.

„Außerdem ist zu berücksichtigen, dass selbst freiverantwortliche Entscheidungen zumeist aus einer gesundheitlichen oder sonstigen Notlage resultieren“, betonte der Jurist. „Als Gesellschaft stehen wir in der Pflicht, Menschen in solchen Notsituationen so weit wie möglich zu helfen, sodass sie sich selbst nicht gegen, sondern für das Leben entscheiden.“ Das sei die beste Art der Suizid-Prävention.

Der Ethikrat berät Bundestag und Bundesregierung bei gesellschaftlichen, vor allem medizin- und bioethischen Fragen. Er erstellt zudem Stellungnahmen zu komplexen oder umstrittenen Themen, in der Vergangenheit etwa zu Sterbehilfe, Organspende, Präimplantationsdiagnostik oder zum Umgang mit dem Klimawandel.