Über Probleme beim Kinderschutz klagen in einer bundesweiten Umfrage des WDR mehr als die Hälfte von 300 teilnehmenden Jugendamtsleitungen. Diese hätten das Gefühl, unter den derzeitigen Bedingungen den Schutz von Kindern in Not nicht immer gut gewährleisten zu können, teilte der Sender mit. In jedem zehnten Amt sei es durch Probleme wie Personal-, Geld- oder Platzmangel sogar schon zur Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen gekommen.
Die WDR-Reportage “Jugendämter in Not – Kinder in Gefahr?” wird am heutigen Mittwochabend um 22.50 Uhr im Ersten ausgestrahlt und ist bereits in der ARD-Mediathek zu sehen.
Fehlende Unterkünfte
Mehr als die Hälfte der antwortenden Amtsleitungen gab laut WDR an, dass ihre Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst häufig überlastet seien. Ein Hauptgrund dafür: über 80 Prozent der Jugendämter hätten nicht genügend Unterkünfte für Kinder in Not zur Verfügung. Die Platzsuche koste so viel Zeit, dass Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst andere Aufgaben aufschieben müssten.
Bei 58 Prozent der antwortenden Jugendämter seien deshalb schon mal Kinder oder Jugendliche länger als angebracht in ihren Familien geblieben. In 12 Prozent der Behörden sei es sogar vorgekommen, dass Minderjährige in den Räumen des Amts übernachten mussten.
Jugendämter müssen nach Unterkünften betteln
“Für uns ist es einfach so, dass wir wirklich betteln müssen, dass diese Kinder dann nicht entweder im Hotel landen oder schlimmstenfalls wir die mit nach Hause nehmen müssen”, zitierte der Sender eine Jugendamtsmitarbeiterin, die anonym bleiben wollte.
Jede vierte der 300 Jugendamtsleitungen, so der WDR weiter, habe von großem Personalmangel im Allgemeinen Sozialen Dienst berichtet. Viele Amtsleitungen müssten daher gelegentlich noch unerfahrene oder sogar ungeeignete Personen einsetzen. Zudem sei in vielen Fällen die Zeit für Einarbeitungen knapp.
Höchststand bei Kindeswohlgefährdungen
Leidtragende dieser strukturellen Probleme der Jugendämter seien vor allem die hilfsbedürftigen Kinder und Jugendlichen. Der Bedarf sei groß, denn die Zahl der Kindeswohlgefährdungen habe laut Statistischem Bundesamt 2023 einen neuen Höchststand erreicht mit 63.700 bestätigten Fällen.