Auf den Skandal folgte ein Gesetz. Seitdem sollen sich die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie in vielen Belangen verbessert haben – oder wird nur besser kaschiert?
Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie haben sich nach Studienergebnissen in den vergangenen drei Jahren merklich verbessert. So habe das Arbeitsschutzkontrollgesetzes seit 2021 vielfältige positive Entwicklungen in der Branche angestoßen, heißt es in der am Montag veröffentlichten Evaluation des Gesetzes im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums. Kritiker bemängeln jedoch, dass nicht alle Betroffenen von den Verbesserungen profitierten.
Um die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie hatte sich während der Corona-Pandemie ein Skandal entwickelt, nachdem sich einige Schlachthöfe zu Hotspots für Ansteckungen entwickelt hatten. In der Kritik stand vor allem die Anstellung von Arbeitskräften aus Osteuropa über Werksverträge von Subunternehmern. Im Dezember 2020 hatte der Bundestag daraufhin das Arbeitsschutzkontrollgesetz beschlossen. Es verbot die Anstellung von Mitarbeitern in Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsbetrieben über Werksverträge sowie auch größtenteils die Leiharbeit.
Laut Evaluation sind seitdem Anstellungsverträge und Arbeitszeiterfassung in der Industrie für die Beschäftigten deutlich transparenter und verständlicher geworden. Dadurch sei es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leichter geworden, ihren Lohn einzufordern und für ihre Rechte einzutreten.
Der Anteil an Fremdpersonal im Kernbereich der Fleischindustrie – also bei der Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung von Fleisch – sei seitdem von 21 auf fünf Prozent gesunken. Durch die Übernahme der Arbeiter von Werksverträgen in die Stammbelegschaft könne zudem die Einhaltung von Arbeitszeiten und Arbeitsschutz einfacher behördlich überprüft werden. Gleichzeitig schränkt die Studie ein, dass daraus keine zwangsweise Verbesserung der Bedingungen folgte. “Teils brachte dem Fremdpersonal die Übernahme durch ein tarifgebundenes Unternehmen unmittelbar höhere Löhne, teils versuchten Betriebe Personal zu schlechteren Konditionen vom Subunternehmen zu übernehmen.”
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht den Erfolg des Gesetzes bestätigt. “Wir haben der organisierten Ausbeutung in der Fleischindustrie ein Ende gesetzt”, erklärte der Minister. Die Neuregelungen seien notwendig und verhältnismäßig gewesen. “Sie stärken den Arbeitnehmerschutz der oft osteuropäischen Arbeitskräfte, die diese körperlich schwere Arbeit in Deutschlands Schlachthöfen verrichten.”
Aus Sicht des Menschenrechtsaktivisten und Priesters Peter Kossen verfehlt das Arbeitsschutzkontrollgesetz jedoch bislang seine Wirkung. So seien nur Arbeiterinnen und Arbeiter in Schlachtung und Zerlegung dadurch begünstigt; “in der Gebäudereinigung der Fleischindustrie, in Verpackung und Logistik wird dort weiterhin ganz legal ausgebeutet”, kritisiert der Pfarrer aus Lengerich.