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Apokalypse im Sauerland

„Apokalypse braucht Bürgernähe“: Mit diesen verblüffenden Worten kündigen drei Künstler ein ungewöhnliches Projekt an. Thema ist das letzte Buch der Bibel – die Offenbarung des Johannes

In der Stadt Attendorn bereitet man sich auf die biblische Endzeit vor. Zumindest hat nun in dem kleinen Ort im Sauerland unter der Überschrift „Siehe, ich mache alles neu“ für zwei Wochen das „Amt für Apokalyptische Aufklärung (AfAA)“ als temporäres „Bürgerbüro“ in einem leer stehenden Drogeriemarkt geöffnet. Es befasst sich mit der Offenbarung des Johannes, einem prophetischen Buch des Neuen Testaments, das sich an die im Römischen Reich unterdrückten Christen richtet. Bei der skurril-religiös anmutenden Aktion führen drei Berliner Künstler auf Einladung des Kunstvereins Südsauerland eine Art multimediales Rollenspiel auf.

Mischung aus Ausstellung und Aktionskunst

Mit tiefsinniger Ironie widmen sie sich in einer Mischung aus Ausstellung und Aktionskunst den bekannten Symbolen und Allegorien des biblischen Apokalypse-Buches. Helmut Kraus, der das „Amt für Apokalyptische Aufklärung“ erfunden hat, will das ungewöhnliche Weltuntergangsszenario aber keineswegs als künstlerische Verballhornung der neutestamentlichen Vorlage verstanden wissen. Er sei ebenso wie seine beiden Mitstreiter Antje Antonik und Holger Heubner in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen und davon geprägt worden, sagt der gebürtige Sauerländer, der seit 14 Jahren in Berlin lebt.
„Irgendwann habe ich die Bibelstelle mit der Offenbarung gelesen, und sie hat mich gerade auch als bildender Künstler unmittelbar fasziniert“, erläutert Kraus, der sein Projekt als Konzeptkunst versteht. Im Mittelalter habe vor allem Albrecht Dürer dem biblischen Buch der Apokalypse mit seinen weltberühmten Holzschnitten ein plastisches Bild verliehen. „Ich habe mich nun gefragt, wie eine kunstvolle Auseinandersetzung mit dem Thema in unserer Zeit und mit unseren medialen Mitteln aussehen könnte.“
Unter anderem werden im Attendorner „Amt für Apokalyptische Aufklärung“ bis zum 3. April großformatige Gemälde von Kraus ausgestellt, die er in direkter Anlehnung an die bekannten Dürer-Vorgaben mit verschiedenen Stilmitteln erstellt hat. Gespannt warten die Künstler auch auf Reaktionen an das Apokalypse-Amt über die eigene Homepage „www.a-f-aa.de“ oder per E-Mail an Johann.Revelar@a-f-aa.de.
Um die ganze Region einzubinden, verschickten die Künstler „Sendschreiben“ an die sieben Gemeinden des Kreises Olpe – Attendorn, Drolshagen, Finnentrop, Lennestadt, Olpe, Kirchhundem und Wenden. Vorbild sind die sieben Sendschreiben der Offenbarung des Johannes, die sich an die frühchristlichen Gemeinden in Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea auf dem Gebiet der heutigen Türkei richteten.
In den Briefen der Kunst-Aktion werden die sauerländischen Ortsverwaltungen auf die Existenz des Apokalypse-Amtes hingewiesen, außerdem zitieren die Autoren aus der biblischen Schrift: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode“ (Offenbarung, Kapitel 2, Vers 11), heißt es unter anderem.
Während sich Helmut Kraus als Generaldirektor des Apokalypse-Amtes unter dem Kunstnamen Johann Revelar ansprechen lässt, agieren seine zwei Mitstreiter als leitende Management-Vertreter einer Beraterfirma, die beim Projektablauf behilflich ist. Das Amt sei zuständig für die „Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Apokalypse“, heißt es in der Ankündigung der Aktion.

Interesse für die Offenbarung wecken

Alles soll so echt und vorlagegetreu wie möglich inszeniert werden. Die prophetischen Aussagen der Offenbarung bekommen so quasi bürokratische Form und menschliche Gestalt gleichermaßen. Unter anderem können Besucher an einem „Verwaltungsverfahren gem. Offb. 14,1-5 zur Aufnahme in den Kreis der 144 000 Geretteten“ teilnehmen.
Als Ziel des Projekts nennen die Künstler, auf moderne und originelle Weise ein möglichst breites Interesse für die Johannes-Offenbarung zu wecken und ihre zeitlose Aktualität in kunstvoller Form vor Augen zu führen. „Wir wollen die Apokalypse-Vorbereitung in einem einheitlichen Kommunikationssystem darstellen und erklären“, sagt Kraus. „Und wir wollen dazu nach 1400 Jahren eine gänzlich neue Visualisierung wagen und zugleich dabei einen maximalen Respekt vor dem Bibeltext bewahren.“

Die Ausstellung „Siehe, ich mache alles neu – Das Amt für Apokalyptische Aufklärung stellt sich vor“ ist zu sehen vom 18. März bis 3. April in Attendorn. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 15 bis 19 Uhr, am Wochenende von 11 bis 15 Uhr. Internet: www.a-f-aa.de.