Apotheken schlagen Alarm: Es drohten erneut Lieferengpässe bei Medikamenten. Doch die AOK widerspricht. Die Krankenkasse sieht keine Versorgungslücken.
Die Krankenkasse AOK sieht keine Hinweise darauf, dass Versorgungsengpässe oder Lieferschwierigkeiten bei Arzneimitteln drohen. Von den mehr als 63.000 verschiedenen Arzneimitteln, die 2023 auf dem Markt erhältlich waren, seien derzeit lediglich 735 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von den Herstellern als nicht lieferfähig gemeldet, teilte das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) am Montag in Berlin mit. “Damit waren Anfang Oktober 98,8 Prozent aller Medikamente verfügbar.”
Das Institut widersprach damit Medienberichten über erneut drohende Engpässe bei wichtigen Medikamenten. Zudem sei selbst bei Lieferengpässen nicht automatisch die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln beeinträchtigt, erklärte das Wissenschaftliche Institut. Für die aktuell als lieferunfähig gelisteten Arzneimittel seien in der Regel wirkstoffgleiche Alternativen verfügbar. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei nicht gefährdet.
Um immer wieder behauptete Versorgungsengpässe besser überprüfen zu können, fordert das WIdO eine verpflichtende Meldung von Lieferengpässen – vom Hersteller über den Großhandel bis zur Apotheke. Um die Liefersicherheit noch zu erhöhen, müssen die Vertragspartner aus Sicht der AOK außerdem einen ausreichenden Arzneimittelbestand vorhalten.
In diesem Zusammenhang verwies WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder auch darauf, dass Pharmaunternehmen zumeist global agierende, börsennotierte Unternehmen seien. Der deutsche Markt habe nur einen Anteil von rund vier Prozent am weltweiten Arzneimittelumsatz. Daher spielt die Versorgung in Deutschland laut Schröder nur eine geringe Rolle am globalen Markt.
Die Krankenkassen nutzen die seit 2007 vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Rabattverträge für Generika-Wirkstoffe zu verhandeln: 2023 waren unter den insgesamt 2.493 ambulant verordneten Wirkstoffen und Wirkstoffkombinationen 781 bei mindestens einer Krankenkasse rabattiert. Dies bedeutet für die Apotheken in Deutschland, dass sie nicht mehr unbedingt alle verfügbaren verschiedenen Arzneimittelpackungen bevorraten müssen, da es Ersatzmöglichkeiten gibt. Neben positiven Effekten für die Versorgungssicherheit in den Apotheken sorgen Arzneimittel-Rabattverträge nach AOK-Angaben außerdem für geringere Arzneimittelausgaben. 2023 seien die Arzneimittelausgaben durch Rabattverträge bei den Gesetzlichen Krankenkassen um 5,83 Milliarden Euro gesenkt worden.