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Antisemitismus-Resolution wird vor Beschluss weiter kritisiert

Am Donnerstag wird der Bundestag voraussichtlich eine Resolution gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben in Deutschland verabschieden. Doch die Kritik an dem Vorhaben ebbt nicht ab.

Nach rund einem Jahr zäher Verhandlungen wird der Bundestag am Donnerstag voraussichtlich eine Antisemitismus-Resolution beschließen. Die Ampel-Fraktionen und die Unionsfraktion hatten sich erst kürzlich auf die gemeinsame Vorlage mit dem Titel “Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken” geeinigt. Bis zuletzt steht das Vorhaben jedoch in der Kritik.

Stand Dienstagabend hatten mehr als 3.000 Einzelpersonen sowie Dutzende Organisationen aus Politik, Kultur und Gesellschaft einen Offenen Brief unterzeichnet. Sie befürchten unter anderem, dass Kritik an Israel eingeschränkt werden könnte, und fordern andere Formulierungen und eine weitere öffentliche Debatte. Zu den Unterstützern gehören etwa der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit, die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer und die Schriftstellerin Eva Menasse, aber auch Amnesty International und die katholische Friedensbewegung Pax Christi.

Der geschäftsführende Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern, beklagte derweil Floskeln im Zusammenhang mit dem Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. “Ich bin schon lange genervt von diesen Floskeln. Ich höre sie tagein, tagaus. Wenn es drauf ankommt, bedeuten sie nichts”, sagte Stern im “Zeit”-Interview (Donnerstag). “Ich erwarte als Deutscher von Deutschland viel mehr.” Er nannte den Stopp von Geld, “das als Hilfe für Kriegsopfer gedacht ist, aber bei der Hamas ankommt”.

Mit Blick auf grassierenden Antisemitismus nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 betonte Stern, dass fast jede jüdische Gemeinde weltweit derzeit Angst habe. “Deutschland behauptet zwar, hier seien Juden sicher, aber das stimmt nicht. Die Hilferufe kommen täglich bei mir an.”

Die Resolution hatte ursprünglich als Reaktion auf das Hamas-Massaker bereits am 9. November vergangenen Jahres verabschiedet werden sollen – am Jahrestag der gegen Juden gerichteten Novemberpogrome der Nazis von 1938. Doch dann verhakten sich SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP bei den Verhandlungen. Nun soll die Resolution kurz vor dem diesjährigen 9. November beschlossen werden.

Das Papier wendet sich unter anderem gegen eine staatliche Förderung für Organisationen und Projekte, die Antisemitismus verbreiten, das Existenzrecht Israels infrage stellen, zum Boykott Israels aufrufen oder die gegen Israel gerichtete BDS-Bewegung aktiv unterstützen.

Die Kritik an der Resolution blieb selbst nicht ohne Widerspruch. Der jüdische Verein WerteInitiative erklärte zusammen mit anderen Organisationen wie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder der Amadeu Antonio Stiftung, man beobachte die Angriffe “mit großer Irritation”. Die Debatte habe “absurde Züge” angenommen. Offene und klare Kommunikation jener, die von Antisemitismus betroffen seien, werde mitunter als “unredliche Einflussnahme dargestellt”.

Die Antisemitismusbeauftragten aus Bund und Ländern lobten, die Resolution schaffe mehr Klarheit. Sie sei “eine sinnvolle Grundlage für dringend notwendige Maßnahmen, mit denen Antisemitismus in allen Bereichen effektiv bekämpft und zurückgedrängt werden kann”, erklärten sie. Der Bundesbeauftragte Felix Klein betonte, dass politisch begründete Kritik am Handeln der israelischen Regierung jederzeit möglich sei und bleibe.