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Anstieg der Kriminalität in NRW

Die Fälle von Kriminalität in Nordrhein-Westfalen sind im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Insgesamt wurden 1,4 Millionen Straftaten registriert. Das entsprach gegenüber 2022 einem Plus von 3,4 Prozent, wie aus der am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellten Kriminalstatistik hervorgeht. Zugleich konnte die Polizei die mit 54,2 Prozent beste Aufklärungsquote seit 1962 verzeichnen. Außerdem ist der Anstieg der Fallzahlen im Vergleich der Bundesländer einer der geringsten.

Eine Zunahme von Fällen habe es insbesondere bei Eigentumsdelikten und Gewaltkriminalität gegeben, bilanzierte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Auch sei die Zahl minderjähriger Tatverdächtiger ebenso gestiegen wie die von Tatverdächtigen ohne deutschen Pass.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland gab es rund 105.300 Ladendiebstähle – ein Viertel mehr als 2022. Die Zahl der Wohnungseinbrüche legte in NRW um 15 Prozent auf rund 27.000 zu, blieb damit aber erneut weit unter dem Spitzenwert von 62.362 Fällen im Jahr 2016. In knapp der Hälfte der Fälle blieb es beim Versuch. Bei den Taschendiebstählen legte die Fallzahl um 5,9 Prozent auf 39.500 zu.

Bei den Gewaltdelikten registrierte die Polizei 2023 mit 55.855 Fällen sieben Prozent mehr. Im Zehnjahres-Vergleich belief sich die Zunahme damit auf 21 Prozent. Von den ermittelten Tatverdächtigen bei Gewaltdelikten hatten laut Angaben 40,7 Prozent keinen deutschen Pass.

Bereits im März hatte Reul zu hohen Anteilen nichtdeutscher Straftäter auch bei Taschendiebstählen, Ladendiebstählen, Wohnungseinbrüchen und Raubdelikten ein eigenes Pressegespräch anberaumt. Nichtdeutsche Tatverdächtige seien gemessen am Bevölkerungsanteil in NRW überproportional in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2023 des Landes vertreten, hatte er erklärt. Der Minister plädierte dafür, „dieses schwierige Thema öffentlich anzusprechen und es nicht auszusitzen“. Allerdings gingen Straftaten auch auf Touristen, reisende Täter oder Gewerbetreibende zurück.

Bei den Raubdelikten gab es mit 12.600 Fällen ebenfalls ein deutliches Plus von zwölf Prozent zum Vorjahr. Auch die Zahl der Körperverletzungsdelikte nahm zu, und zwar um 4,4 Prozent auf 148.600 Fälle.

Sorge bereitet dem Minister auch der weitere Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität. In der Statistik für 2023 wurden rund 48.000 tatverdächtige Jugendliche erfasst – 6,1 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr – sowie rund 22.500 tatverdächtige Kinder unter 14 Jahre, ein Plus von 7,4 Prozent. Bei der Gewaltkriminalität erfasste die Statistik mit rund 3.300 Kindern 15,3 Prozent mehr. Bei den tatverdächtigen Jugendlichen waren es 8.200 und damit 9,2 Prozent mehr.

Reul führt die Zunahmen untern anderem auf die Folgen der Corona-Pandemie zurück. „Auch die sozialen Medien tragen dazu bei, dass unsere Kinder schon früh ungefiltert Gewalt sehen“, warnte er und appellierte an Eltern und Öffentlichkeit: „Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Kinder in Gewalt groß werden. Den Kampf gegen Kinder- und Jugendkriminalität müssen wir als gesamte Gesellschaft aufnehmen.“

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christina Kampmann, nannte die Entwicklung erschreckend und forderte von der schwarz-grünen Landesregierung konkrete Antworten. Diese dürften nicht alleine bei den Sicherheitsbehörden liegen. Es brauche eine übergreifende Strategie mit anderen Ressorts und die Vermittlung von Sozialkompetenzen an Kinder. Die SPD-Politikerin verwies zudem auf das Personalproblem bei der Polizei und den geschätzten Stellenbedarf von rund 1.000 weiteren Beamten.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW nannte Sparmaßnahmen der Landesregierung für nicht vertretbar. Gerade jetzt gelte es, der Polizei mit bestmöglicher Ausstattung, hohen Einstellungszahlen und der Vorhaltung von Tasern in allen Behörden den Rücken zu stärken, erklärte der GdP-Landesvorsitzende Michael Maatz. Vor allem die steigende Zahl der Fälle von Widerstand gegen Beamte und Angriffe auf Kollegen bereiteten der GdP große Sorgen.

Mit Blick auf die ebenfalls gestiegene Zahl der Fälle häuslicher Gewalt geht Reul davon aus, dass inzwischen immer mehr Fälle zur Anzeige gebracht werden: „Zeigen Sie an. Trauen Sie sich. Unsere Polizei nimmt jeden Hinweis ernst“, betonte der Minister. Angezeigt wurden 60.298 Taten, 2,8 Prozent mehr als 2022. Die Zahl der aufgenommenen Sexualdelikte stieg um drei Prozent auf 32.463. Bei sexuellem Missbrauch von Kindern wurden 5.065 Fälle erfasst – ein Anstieg von 22,6 Prozent.