Hamburg. Es ist eine Festschrift der besonderen Art: Zum 50-jährigen Bestehen des Beratungs- und Seelsorgezentrums (BSZ) der Hauptkirche St. Petri haben die Ehrenamtlichen ein „Trostbuch“ produziert. Es enthält eine Sammlung von 50 Geschichten, die sich der Frage widmen: Was tröstet mich, wenn ich selbst Kummer habe? Die Texte sind anonym verfasst, geschrieben von den Ehrenamtlichen aus dem BSZ und illsutriert von Grafikern.
Mit den Themen Trost und Kummer kennen sich die Ehrenamtlichen des BSZ gut aus. Sie helfen Ratsuchenden, die ohne Anmeldung und anonym das Gespräch mitten in der Hamburger Innenstadt suchen können. Das Besondere: Die Mitarbeiter sind Ehrenamtler. „Dieses Konzept ist bundesweit einmalig“, sagt Matthias Schmidt, der die Einrichtung kommissarisch leitet. Als Laien hätten die Ehrenamtler den Vorteil, keine Bewertung und keine Diagnose abgeben zu müssen. Deshalb seien die Hürden für die Besucher niedriger.
6000 Gespräche pro Jahr
Warum die Menschen kommen, dafür würden die Gründe „quer durch den Alltag gehen“, wie Schmidt sagt. Probleme in der Beziehung gehörten beispielsweise genauso dazu wie Einsamkeit oder der Tod eines Angehörigen. Dabei sei jedes Gespräch einmalig, kontinuierliche Gespräche wie bei einer Therapie gebe es nicht. Trotzdem würden manche Besucher öfter kommen, manche sogar täglich.
Insgesamt zählt das BSZ etwa 6000 Gespräche pro Jahr. Ungefähr 4000 Menschen würde das Zentrum jährlich besuchen, schätzt Schmidt. Viele kommen aus Hamburg und Umgebung, manche nehmen aber auch eine längere Anfahrt für eine Beratung auf sich. Dabei beraten die Mitarbeiter nicht nur im direkten Gespräch, sondern auch telefonisch. 1000 Telefonate finden pro Jahr statt.
In den 1970er-Jahren noch hatte das Beratungszentrum seine Räumlichkeiten im Gemeindesaal des alten Gebäudes neben der Hauptkirche. Gespräche fanden hier an Tischen statt, abgetrennt durch einen Paravent. Seit 2009 ist es zentral gelegen auf dem großen Vorplatz an der Petrikirche.
Mehr Männer kommen
Die Probleme der Menschen sind über die Jahrzehnte die gleichen geblieben, sagt Schmidt. Allerdings würden inzwischen mehr Männer kommen, sodass das Verhältnis von Frauen und Männern ausgeglichen sei. Auch jünger sind die Besucher geworden: Das Durchschnittsalter liegt momentan bei etwa 50 Jahren.
150 Ehrenamtliche engagieren sich regelmäßig für das BSZ. Sie müssen zunächst eine einjährige Ausbildung absolvieren und dann Hospitationen bei erfahrenen Beratern leisten. Das Interesse an dieser ehrenamtlichen Arbeit ist groß: In einem Jahr bekommt das BSZ bis zu 50 Anfragen von Interessierten, von denen zehn angenommen werden.
So wird gefeiert
Der runde Geburtstag wird mit einer Festwoche gefeiert. Am Sonnabend, 22. Februar, hält Kerstin Lammer, Leiterin des Hauptbereichs Seelsorge und gesellschaftlicher Dialog der Nordkirche, auf der Jubiläumsfeier um 19 Uhr einen Vortrag zum Thema „Wie Seelsorge wirkt“. Einen Tag später um 10 Uhr findet der Festgottesdienst statt. Mit einem Benefizkonzert der Elbtonal-Percussions am Freitag, 28. Februar, um 20 Uhr geht die Festwoche zu Ende.
Der Psychologe Schmidt leitet das BSZ kommissarisch, nachdem es der bisherige Leiter, Pastor Reinhard Dircks, im vergangenen Mai verlassen hatte. Ein Nachfolger ist bereits gefunden. Krischan Heinemann, Pastor der Studentengemeinde in Kassel, wechselt im April als Gemeindepastor nach St. Petri und wird die Leitung des BSZ übernehmen.