Die stellvertretende Vorsitzende der Anerkennungskommission der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen, Sybille Mattfeldt-Kloth, hat am Donnerstagabend dafür geworben, finanzielle Leistungen für Missbrauchs-Betroffene zu vereinheitlichen. „Die Menschen verstehen nicht, dass von den Kirchen bundesweit unterschiedliche Summen gezahlt werden – das kann man auch schlicht nicht erklären“, sagte die Juristin in Königslutter bei Helmstedt bei der Synode der braunschweigischen Kirche. Das Kirchenparlament tagt noch bis Sonnabend.
Mattfeldt-Kloth sagte, die Forderung nach Vereinheitlichung stünde schon lange im Raum. Die Kirche könne die Menschen nicht länger vertrösten. „Manche sagen schon, ihr wollt wohl warten, bis wir tot sind, so ganz falsch erscheint mir der Eindruck manchmal nicht.“ In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) liegt inzwischen ein Modell für die Leistungszahlungen vor, dem die Landeskirchen noch zustimmen müssen.
Bei der Anerkennungskommission der Kirchen können Betroffene sexualisierter Gewalt einen Antrag auf finanzielle Leistungen stellen. Diese sind mit einem Schmerzensgeld vergleichbar. Damit soll das Unrecht, das Betroffenen in Kirche oder Diakonie angetan worden sei, anerkannt werden. Entschieden wird nach einer Plausibilitätsprüfung. Der Höchstbetrag in Niedersachsen beläuft sich derzeit auf 50.000 Euro. Die Helmstedter Rechtsanwältin sprach als Gast auf der Synode zum Tagesordnungspunkt sexualisierte Gewalt.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will Opfern strafbarer Missbrauchshandlungen mindestens 15.000 Euro zahlen und damit die Anerkennungsverfahren angleichen. Bei der Synodentagung der EKD in Würzburg vor rund zwei Wochen wurde ein „Kombimodell“ aus einer individuellen und dieser pauschalen Leistung vorgestellt. Das Modell muss jedoch noch grünes Licht aus den 20 Landeskirchen und 17 diakonischen Landesverbänden bekommen. Im Frühjahr soll es endgültig beschlossen werden.
In der evangelischen Kirche sind Synoden die Parlamente der Landeskirchen. Das Wort Synode leitet sich vom griechischen „synodos“ („gemeinsam auf dem Weg sein“) ab und bezeichnet ursprünglich eine Kirchenversammlung. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig zählt als eine von 20 Landeskirchen in Deutschland rund 284.000 Mitglieder in 270 Gemeinden. Ihr Gebiet erstreckt sich von Wolfsburg bis zum Südrand des Harzes.