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Amnesty prangert Gewalt und Straflosigkeit in Manipur an

Manipur war 2023 Schauplatz eines tödlichen Gewaltausbruchs gegen indische Christen. Kirchen wurden zerstört, Tausende Häuser niedergebrannt, Zehntausende Menschen vertrieben. Nun zieht Amnesty eine düstere Bilanz.

Amnesty International wirft den indischen Behörden Untätigkeit inmitten von Gewalt und Straflosigkeit im Bundesstaat Manipur vor. Mehr als 400 Tage nach Beginn der Gewalt der hinduistischen Meitei gegen die christliche Minderheit der Kuki habe die Regierung die Übergriffe noch immer nicht gestoppt, heißt es in einer Analyse (Dienstag) der Menschenrechtsorganisation.

“Das eklatante Versagen der Regionalregierung und der Bundesregierung, den Übergriffen in Manipur ein Ende zu setzen, die Menschen zu schützen und die mutmaßlichen Täter zur Rechenschaft zu ziehen, hat die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt”, sagte der Vorstandsvorsitzende von Amnesty International Indien, Aakar Patel. Die von der hindunationalistischen BJP geführten Regierungen müssten endlich handeln.

Im Mai 2023 waren bei Ausschreitungen zwischen den ethnischen Gruppen der Meitei und der Kuki 200 Menschen getötet und Tausende verletzt worden. Hunderte Dörfer, Kirchen und andere christliche Einrichtungen wurden zerstört, Zehntausende Menschen vertrieben. Die Spannungen blieben seitdem bestehen; immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. In Manipur gehören jeweils rund 40 Prozent der Bevölkerung dem Hinduismus oder dem Christentum an. Die Mehrheitsethnie der Meitei dominiert dort Wirtschaft und Politik.

Als Haupthindernis für die Rückkehr zur Normalität gilt die verbreitete Präsenz bewaffneter separatistischer Gruppen und Milizen sowie eine Militarisierung der Gesellschaft. Dem Amnesty-Bericht zufolge brannten radikale bewaffnete Organisationen der Meitei mit Tausenden Mitgliedern in den vergangenen Monaten Dörfer nieder, töteten und vergewaltigten. Bürgerwehren hätten traurige Berühmtheit erlangt, weil es den Behörden nicht gelungen sei, der Gewalt dieser Gruppen ein Ende zu setzen und sie vor Gericht zu bringen. Der Amnesty-Bericht basiert auf Interviews mit Gesundheitspersonal, Bewohnern, humanitären Mitarbeitern und Journalisten.

Indiens Premier Narendra Modi hatte sich im vergangenen Juni nach dem Verlust der absoluten Mehrheit seiner BJP bei der Parlamentswahl auf Druck der erstarkten Opposition erstmals im Parlament zu der Gewalt geäußert; nach Manipur reiste er bisher nicht. Indiens neuer Oppositionsführer Rahul Gandhi hatte in der vergangenen Woche die Betroffenen des Konflikts besucht. Zuvor war der Spross der Gandhi-Nehru-Politdynastie bereits zweimal in der Konfliktregion.