Ralf Schwieger ist Pfarrer im ehemals größten Holzschuhmacherdorf Deutschlands
Von Susanne Liedtke
Wenn Hauseigentümer in Friedrichswalde ihren Dachboden renovieren, finden sie nicht selten verrostetes Werkzeug. Dann halten sie sicher „Krummhacke“, „Kreuz- oder Löffelbohrer“, das einstige Handwerkszeug der Holzschuhmacher, in den Händen. Bis in die 1950er Jahre hinein war der kleine Ort das größte Holzschuhmacherdorf Deutschlands. Kolonisten aus der Pfalz, meist aus Holland dorthin geflohene Flamen, waren die ersten Einwohner der 1748 gegründeten Ortschaft. Ihr Handwerk und ihren Glauben brachten sie mit. Friedrichswalde (Kirchenkreis Oberes Havelland) liegt mitten in dem hügeligen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin an einem idyllischen See. Schon von Weitem grüßt einladend der Kirchturm. Linden zieren den Straßenverlauf und vor jedem Haus steht traditionell eine Bank. Am Pfarrhaus in der Mitte des Dorfes erzählt ein großes Wandbild die Geschichte des Ortes und der Holzschuhmacher. Die Pfarrscheune ist historische Schauwerkstatt und Heimatstube.
Rückbesinnung auf eine alte HolzschuhmachertraditionSeit über 25 Jahren ist Ralf Schwieger Pfarrer in Friedrichswalde. Genauso lange sucht und findet er immer wieder neue Wege, Menschen und Glaube zusammenzubringen – gern auch auf unkonventionelle Weise. 1953 wurde die Holzschuhfabrik des Ortes geschlossen und langsam ging das Wissen um die Herstellung des einfachen wie praktischen Schuhwerkes verloren. „1998, zur 250-Jahr-Feier des Dorfes, besannen wir uns auf diese alte Tradition“, berichtet Pfarrer Schwieger. Gemeinsam mit Bürgermeister Bernhard Ströbele tüftelten sie an der Idee und konnten 2009 das Holzschuhmacherzentrum von Friedrichswalde einweihen. Jedes Jahr im Mai platzen Kirche und 750-Einwohner-Dorf förmlich aus allen Nähten, wenn 1500 Bikes und 3000 Menschen zum größten Motorradgottesdienst Brandenburgs in Friedrichswalde „einreiten“. Schwieger ist selbst passionierter Motorradfahrer und Rockmusikfan. So gibt es neben Bikerchor und offenem „Rudelsingen“ auch noch jährlich einen Rock-Pop-Gottesdienst. In diesem Jahr am 23. August, mitgestaltet von der Black-Sabbath-Coverband „Hole in the Sky“ aus Templin. Mit diesen Angeboten ließen sich auch jüngere Menschen erreichen, so Schwieger. „Die kommen dann gern wieder, heiraten oder lassen ihre Kinder hier taufen.“ Ein zweiter großer Höhepunkt ist jährlich im November die Hubertusmesse der Jäger. „Friedrichswalde ist unsere Eventkirche“, erklärt der Pfarrer. In seinem Pfarrsprengel gibt es auch noch eine Radwegekirche, eine NABU-Kirche und eine Konzertkirche. „Wir haben mit den Gemeindekirchenräten und Partnern vor Ort nach Nutzungskonzepten für unsere fünf Kirchen und zwei Pfarrhäuser samt Nebengebäuden gesucht“, so Ralf Schwieger. In Friedrichswalde ist dieser Partner der Verein „Pfälzer Erbe“ und Bürgermeister Bernhard Ströbele. Seine Vorfahren waren unter den ersten Siedlern von Friedrichswalde. Dass das Wissen der Holzschuhmacher verlorengegangen ist, bedauert er sehr. Er selbst wuchs hier auf, erlernte das Handwerk – einst eine anspruchsvolle dreijährige Ausbildung –, aber nicht mehr. Zehn Jahre tüftelte der Diplom-Braumeister, bis er es neu erworben hatte. Historische Maschinen aus dem Jahre 1928 halfen ihm dabei. Nun entstehen in kleiner Produktion wieder Holzschuhe in Friedrichswalde – ein leichtes wie robustes Schuhwerk aus Weichholz wie Pappel, Weide oder Erle, das als „Höllschen“ auf dem Lande bei der Hofarbeit getragen wird.
Vielfältiges Programm auch für einen GemeindeausflugGern teilt der vorerst letzte Holzschuhmacher von Friedrichswalde das erworbene Wissen und demonstriert Besuchergruppen ab zehn Personen seine Kunst. Wer möchte, wird mit Kaffee und Kuchen sowie Kartoffelsuppe aus dem Holzschuh verköstigt. Auch Kutschfahrten oder Bootstouren werden organisiert. „Ein wunderbares Programm für einen Gemeindeausflug“, empfiehlt Pfarrer Ralf Schwieger, der die Gruppen gern zu einer Andacht in seiner Kirche begrüßt. Tipp: Am Samstag, dem 17. August, findet der 11. Friedrichswalder Holzschuhmachertag statt.
Kontakt und Anmeldung: Heimatverein „Pfälzer Erbe“Telefon: (033367)371www.friedrichswalde.de