Der Rottenburger Dom war voll besetzt, als Klaus Krämer als neuer Bischof der Diözese vorgestellt wurde. Es war eine ernste, feierliche Angelegenheit – aber einmal wurde auch herzhaft gelacht.
Das kommt nicht alle Tage vor. Erstens: Dass in der katholischen Kirche ein neuer Bischof ernannt wird. Zweitens: Dass während der Dankesrede des Neuen ein Handy klingelt – und zwar sein eigenes. “Jetzt hab’ ich ganz vergessen, mein Handy auszuschalten”, sagte Klaus Krämer am Mittwoch unter dem herzhaften Lachen mehrerer hundert Menschen im Rottenburger Dom.
Wenige Minuten vorher hatten der Vatikan und die Diözese mitgeteilt, dass Papst Franziskus den 60-jährigen Theologen zum neuen Bischof von Rottenburg-Stuttgart ernannt hat. Der frühere Leiter der Hilfsorganisationen missio und des Kindermissionswerks “Die Sternsinger” folgt auf Gebhard Fürst, der im Dezember 2023 in den Ruhestand getreten war.
Als der Übergangs-Bistumsleiter Clemens Stroppel den Namen “Klaus Krämer” verliest, brandet eine Minute lang Beifall im Dom auf, die Menschen erheben sich, manche klatschen besonders kräftig in die Hände. “Das ist ein guter Mann!”, sagt eine Mitarbeiterin des Bischöflichen Ordinariats, die in einer Bankreihe die Vorstellung des neuen Bischofs verfolgt. “Er weiß viel und ist den Menschen zugewandt.”
Krämer erzählt in seiner Dankesrede, dass er die Wahl durch das Domkapitel und die Ernennung durch Papst Franziskus mit großer Freude, “aber auch mit zitternder Stimme angenommen” habe. Später, in einem improvisierten ersten Pressegespräch im Chor des Domes, sagt Krämer, ihm sei etwas mulmig gewesen. “Als das Kuvert mit meinem Namen auf dem Tisch lag – das hat mich schon ein bisschen wie ein Schlag getroffen.”
Er sei überrascht gewesen, nehme die Aufgabe aber “mit Respekt und Demut” an, sagt Krämer. Gefragt nach seinem Wahlspruch als Bischof räumt er ein: “Den muss ich mir in den nächsten Tagen erst noch überlegen.”
In der heutigen Zeit katholischer Bischof zu sein, sei keine leichte Aufgabe, sagt Krämer. Noch vor Weihnachten soll er zum Bischof geweiht und in sein Amt eingeführt werden – der genaue Termin steht noch nicht fest. Dann wird Bischof Klaus Krämer das drittgrößte deutsche Bistum mit 1,62 Millionen Katholiken leiten, das er nach eigenen Worten “gut kennt und sehr, sehr schätzt”.
Der am 14. Januar 1964 in Stuttgart geborene Krämer studierte nach dem Abitur in Winnenden Rechtswissenschaften und Theologie. Im März 1992 wurde er zum Diakon und im Juni 1993 zum Priester geweiht. 1994 berief ihn Walter Kasper, der damalige Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zu seinem Bischöflichen Sekretär.
1999 wurde Krämer Domkapitular und Leiter der Weltkirchen-Abteilung des württembergischen Bistums. Einem Bistum, das erst 1828 gegründet wurde und eher zu den jüngeren Diözesen im deutschen Sprachraum gehört. 2020 kehrte Krämer – nach seiner Zeit bei missio und den Sternsingern – in seine südwestdeutsche Heimat zurück. Er wurde Vize-Verwaltungschef der Diözese und Leiter der kirchlichen Bauabteilung.
Nun wird Krämer der zwölfte Bischof dieses Bistums. In dem es mit dem Rottenburger Modell schon seit Jahrzehnten eine “Kultur gelebter Synodalität” gebe, sagt Krämer mit Blick auf die am Tag seiner Ernennung eröffnete Weltsynode in Rom. Er verweist aber auch darauf, dass es große Herausforderungen für die Kirche gebe. Die Gesellschaft werde immer weltlicher, während die Kirche viele Mitglieder verliere. Zudem hätten “die unsäglichen Missbrauchsfälle” zu einem Vertrauensverlust gegenüber der Kirche geführt – und auch der Umgang der Kirche damit. Die Missbrauchsaufarbeitung werde in seiner Amtszeit “ganz oben” stehen, betont Krämer.
Aber gerade in Zeiten von Krisen und Polarisierung – in denen vielen Menschen der Mut zu sinken drohe – könne die katholische Kirche eine “Hoffnungsgemeinschaft” sein. “Bauen wir auf die Kraft der Frohen Botschaft und die Macht des Gebets”, ruft Krämer den Menschen im Dom – und im Livestream – zu.
Als er in seiner Dankesrede fortfährt, bimmelt es dann plötzlich im hohen Dom. “Das mit dem Handy war eine Panne”, scherzt Krämer später vor Journalisten. Er wisse noch gar nicht, wer ihn da angerufen habe.