In allen Religionen haben Menschen die Sehnsucht, Grenzen zu überschreiten. Davon ist der Benediktinerabt Johannes Eckert überzeugt. Doch auf berauschte Momente folgt in der Regel die Ernüchterung. Auch er hat Erfahrung.
Johannes Eckert (55), Münchner Benediktinerabt, hat nach eigenem Bekunden mit etwa sechs Jahren unfreiwillig seinen ersten Rausch erlebt. Der Vorfall ereignete sich demnach, als er als Bub seinen Vater zu dessen elterlicher Landwirtschaft begleitete, wo dieser immer samstags mitgeholfen habe, erzählte Eckert dem katholischen Magazin “innehalten” in München. Auf einmal habe er furchtbaren Durst gehabt und dann den Apfelsaft getrunken, der auf dem Tisch gestanden sei. “Naja, der Apfelsaft war in Wirklichkeit Most”, so der Abt. Der Trunk habe ihm geschmeckt, und niemand habe davon Notiz genommen.
Die Folgen seien jedoch am Nachmittag zu erleben gewesen, berichtete Eckert. Er sei dagesessen, aber ständig umgekippt. Sein Vater habe ihn dann wieder aufgerichtet und gesagt: “Bub, du hast einen Rausch.” Seine Reaktion darauf: “Papa, geht der Rausch jetzt nimmer weg?” Er habe tatsächlich befürchtet, dass es ein Dauerzustand werden könnte.
Auf die Frage, ob es so etwas wie einen “guten Rausch” gebe, meinte der Ordensmann: “Die Sehnsucht des Menschen, seine eigene Grenze zu überschreiten, ist immer da.” Das habe es in allen Religionen gegeben. Priester hätten Opium oder berauschende Getränke zu sich genommen; aus der eigenen Begrenztheit wolle man in das absolute Glück hineingehen. “Aber zu uns Menschen gehört auch die Ernüchterung: immer wieder zu dem zurückkehren zu müssen, was wir sind.” Wichtig sei daher, dass der Rausch nicht zur Sucht werde.
In der Obdachlosenarbeit von Sankt Bonifaz erlebten die Mönche und ihre Mitarbeitenden täglich alkoholkranke Menschen, sagte der Abt. “Da sieht man, wo die Sucht hinführen kann.” Der heilige Benedikt sehe übrigens in seiner Regel vor, dass die Mönche überhaupt keinen Wein trinken sollen. Er schreibe aber auch, dass die Mönche “unserer Tage” davon nicht mehr zu überzeugen seien. Deshalb habe der Ordensgründer festgelegt, dass maßvoll getrunken werden dürfe.
Das gelte in Bayern auch für das Kulturgut Bier, betonte der Abt. Die ordenseigene Brauerei in Andechs habe mittlerweile zwei alkoholfreie Biere im Angebot, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Er finde es gut, dass die Menschen mit größerer Sensibilität als früher auf ihre Gesundheit achteten. Zugleich gab der Ordensmann zu bedenken, dass auch ständige Erreichbarkeit, wie sie manche Menschen pflegten, nicht gesund sei.