Schwester Geneviève Jeanningros war Papst Franziskus über Jahrzehnte verbunden – von der Zeit in Argentinien bis in den Vatikan. Ihr Abschied im Petersdom berührt weit über Rom hinaus.
Die stille Geste einer alten Ordensfrau hat weltweit Menschen berührt: Am offenen Sarg von Papst Franziskus im Petersdom nahm die 82-jährige Geneviève Jeanningros am Mittwochvormittag Abschied. Minutenlang stand sie in ihrem blauen Ordensgewand und mit einem abgetragenen Rucksack vor dem Leichnam des verstorbenen Kirchenoberhaupts, betete, rang um Fassung und schickte ihm unter Tränen eine Kusshand. “Ich habe ihn sehr gern gehabt”, erzählte die Ordensfrau später dem Nachrichtenportal Vatican News.
Ihre Nähe zu Franziskus hat die 82-Jährige jedoch nie zur Schau gestellt. Es gehe ihr nicht um eine Sonderbeziehung, betont sie. Vielmehr wolle sie “einem großen Papst die Ehre erweisen”. Und doch erinnert sie sich an die Nähe zu ihm, die über Jahrzehnte bestand – zurückgehend bis in die Zeit in Argentinien. “Er war ein Vater, ein Bruder, ein Freund. Er wird allen fehlen. Und es bewegt mich, so viele Menschen zu sehen”, sagt Schwester Geneviève. Am Freitagmorgen kehrte sie noch einmal in den Petersdom zurück – ein letztes Mal Abschied nehmen.
Schwester Geneviève und Papst Franziskus kannten sich bereits aus Argentinien, aus der Zeit, als er noch Erzbischof von Buenos Aires war. Nach seiner Wahl zum Papst begegneten sie sich in Rom wieder und hielten den Kontakt aufrecht. Geneviève gehört der Gemeinschaft der Kleinen Schwestern Jesu an – einem Orden, der vom französischen Eremiten Charles de Foucauld (1858-1916) inspiriert ist. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft leben nicht in Klöstern, sondern mitten unter den Menschen – meist in einfachen Verhältnissen und oft als Arbeiterinnen in Fabriken oder im Dienstleistungssektor.
Über Jahrzehnte war Geneviève dementsprechend in den Randgebieten Roms tätig, insbesondere in Ostia. Dort arbeitete sie mit Obdachlosen, Zirkusleuten und vor allem mit Transgender-Menschen. Viele Jahre lang begleitete sie mittwochs eine kleine Gruppe von Transfrauen zu den Generalaudienzen von Papst Franziskus – Begegnungen, die für viele ihrer Schützlinge zu Momenten der Anerkennung und Würde wurden. Während der Corona-Pandemie suchte Geneviève nämlich gemeinsam mit einem Pfarrer aus der Umgebung den Kontakt zum Vatikan – viele ihrer Schützlinge hatten ihre Existenzgrundlage verloren, und die Hilfe des Vatikans kam schnell. Ihr Engagement an der Seite marginalisierter Gruppen brachte ihr allerdings nicht nur Zustimmung – dennoch setzte sie ihre Arbeit fort.
Woran sich die zierliche 82-jährige Ordensfrau besonders erinnern wird: an seinen Blick und seine Worte – “Geh voran!” Diese persönliche Ermutigung und die Offenheit, mit der Franziskus ihrer Gruppe begegnete, hätten sie tief geprägt. Die moralische Unterstützung sei für sie oft wertvoller gewesen als jede materielle Hilfe.