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Innenministerium stoppt Abschiebung eritreischer Geflüchteter

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat am Dienstagabend entschieden, dass die eritreische Geflüchtete Tsigehana Teklai vorerst nicht abgeschoben wird. Dafür seien „verschiedene Umstände des Einzelfalls“ berücksichtigt worden, die zuvor „noch nicht vollumfänglich bekannt waren“, teilte das Innenministerium am Mittwoch auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Man habe „bestehende Spielräume für pragmatische, verantwortungsvolle Entscheidungen im Einzelfall genutzt“. Die Frau sollte in ihr Heimatland Eritrea abgeschoben werden und saß seit Freitag in Abschiebehaft.

Noch am Montag hatte das Ministerium mitgeteilt, dass die Ausländerbehörden im Freistaat die Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und die mögliche Überprüfung dieser durch die Verwaltungsgerichte umsetzen müssen. Teklai sei zudem rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt und einer Aufforderung zur freiwilligen Ausreise nicht gefolgt, was zum Ausreisegewahrsam geführt habe.

Zu Beginn der Woche rief die evangelische Kirchengemeinde Hallstadt bei Bamberg, die Teklai und ihrer Tochter bereits 2018 wegen einer drohenden Abschiebung nach Italien Kirchenasyl gewährt hatte, zu einer Mahnwache auf und sammelte 600 Unterschriften gegen die Abschiebung. Auch höhere Kirchenvertreter aus Dekanat und Bistum Bamberg setzten sich laut Medienberichten für die Frau ein.

Es werde nun erwartet, dass Teklai „ihren Lebensunterhalt eigenständig sichert“ und „nicht erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird“, teilte das Ministerium mit. Dann sei auf längere Sicht die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels denkbar, „wenn die hierfür geltenden Voraussetzungen erfüllt werden“. Bis dahin werde die Eritreerin geduldet.

Teklai ist den Angaben nach vor dem Militärdienst aus ihrer Heimat geflohen, über den Sudan, Libyen und Italien kam sie nach Deutschland. Sie hatte – bis man ihr 2024 die Arbeitserlaubnis entzogen hatte – trotz der psychischen und physischen Folgen der Gewalterfahrung in Eritrea und auf der Flucht als Reinigungskraft gearbeitet und für sich selbst gesorgt.

Zur Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung sagte eine Sprecherin des Bamberger Dekanats, der Fall zeige, „dass Straffälligkeit nicht gleich Straffälligkeit“ sei und man genauer hinsehen müsse. Die Frau sei schwer traumatisiert in der Enge der Gemeinschaftsunterkunft ihrer Tochter gegenüber gewalttätig geworden. Im Einvernehmen mit dem Jugendamt sei die Tochter damals in einer Wohngruppe untergebracht worden. Inzwischen sei das Mutter-Tochter-Verhältnis wieder viel besser. (00/3923/11.12.2024)