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3Sat-Doku über Macht und Einfluss

Wer bestimmt die Geschicke unseres Planeten? Sind es Rohstoffhändler, Tech-Milliardäre, KI – oder doch politisch-staatliche Institutionen wie die UN? Ein 3Sat-Film versucht, Antworten zu finden.

In Kemmerer Wyoming will Bill Gates ein AKW bauen
In Kemmerer Wyoming will Bill Gates ein AKW bauenZDF / SRF

“Wer regiert die Welt?” Kleiner ist er nicht zu haben, der Ansatz von Filmemacher Dave D. Leins: Nicht weniger als diese große Frage möchte der Regisseur beantworten, und ruft zu diesem Zweck eine Konferenz in Genf zusammen.

Ein Dutzend handverlesene Gäste – unter anderem eine Aktivistin, Wirtschaftswissenschaftler, eine Unternehmerin, Journalistinnen, ein Marineoffizier und eine Ex-Politikerin – folgen seiner Einladung. Da sitzen sie nun, mit Aussicht auf bedeutende Institutionen wie UN und WHO sowie die Hauptsitze großer internationaler Konzerne, und diskutieren zum Beispiel darüber, ob es gut oder schlecht ist, wenn “Philanthro-Kapitalisten” wie Bill Gates zehn Prozent des WHO-Budgets übernehmen.

Doku “Wer regiert die Welt?”: Fahrige Dramaturgie

Um es gleich vorwegzunehmen: Die titelgebende Frage wird, wenig überraschend, nicht erschöpfend beantwortet. Doch auch sonst vermag der Dokumentarfilm “Wer regiert die Welt? – Eine Spurensuche aus der Schweiz”, der von 3Sat am 19. März von 20.15 bis 22 Uhr ausgestrahlt wird, trotz manch interessanten Gedankens und einiger spannender Aspekte nicht wirklich zu überzeugen. Zu unstrukturiert der Film, zu fahrig die Dramaturgie, zu wenig neu der Großteil der gewonnenen Erkenntnisse.

Dabei sind die aufgeworfenen Fragestellungen so brennend wie kaum jemals zuvor: Angesichts des rasant vorangetriebenen Niedergangs der Demokratie in den USA bei ähnlich rasantem Aufstieg der Tech-Oligarchie könnte Leins’ Film aktueller kaum sein. Wie schade, dass er dennoch in zu vielen und dabei zu wenig gebündelten Worten – und damit Beliebigkeit – versandet.

3Sat-Doku: Exkurs zur Basler BIZ-Bank

Doch von Anfang an: Zunächst reist Leins quer um den Planeten, um seine Wunschgäste persönlich zu seiner Diskussionsrunde einzuladen.
Diesen umständlichen Ansatz gibt er freilich irgendwann auf: Drei der Panel-Teilnehmer werden erst vorgestellt, als die Konferenz schließlich beginnt – was nach dem anfänglichen Aufwand ein bisschen inkonsequent wirkt.

Auch ein Exkurs zur so einflussreichen wie verschwiegenen Basler BIZ-Bank gehört zu den Vorbereitungen, der angesichts der Gesamtdramaturgie allerdings ebenfalls unverhältnismäßig erscheint. Dann geht es endlich los, treffen Leins’ durchaus interessante Gäste in Genf ein.

Es fehlt an einem klaren Konzept

Doch fehlt es weiterhin an einem klaren Konzept, da helfen auch die eingeschobenen Kapitelüberschriften nicht. Statt zentrale Thesen zu identifizieren und gezielt auszudiskutieren, mäandert das Gespräch zwischen den zwölf Experten eher vage hin und her: zwischen wichtigen Themen wie der überfälligen Besteuerung von Superreichen oder dem riesigen Einfluss der Seefracht-Kartelle und eher läppischen Anekdoten zu Jeff Bezos und Bill Gates.

In diesem Raum in Genf plant Autor Dave D. Leins seine Konferenz zum Thema "Wer regiert die Welt"
In diesem Raum in Genf plant Autor Dave D. Leins seine Konferenz zum Thema "Wer regiert die Welt"ZDF / SRF

Es mangelt gleichermaßen an einem das Gespräch moderierenden und dieses im Anschluss spannend montierenden Zugriff; ausgerechnet der gelernte Filmeditor Leins lässt es daran fehlen. Letztlich wirkt das Konzept, zwei gute Handvoll kluger Menschen im Konferenzraum eines Hotels über die Titelgebende Frage diskutieren zu lassen, wenig durchdacht – zumal eine solche Szenerie ja auch keine eindrücklichen Bilder generiert.

Unübersichtliche Expertenzahl

Womöglich auch deshalb schneidet Leins viele, viele Reisen zwischen die von ihm ausgerichtete Konferenz, auf denen er – gerne in etwas eitel wirkenden Zeitlupe-Sequenzen – in Kenia, Frankreich, Brasilien oder Holland den verhandelten Fragen nachgeht, mit wiederum weiteren Gesprächspartnern. Was zu einer unübersichtlichen Zahl von Experten führt, die in diesem mit 105 Minuten überlangen TV-Film zu Wort kommen.

Trotzdem oder gerade deshalb bleibt nicht allzu viel hängen. Manches aber glücklicherweise doch: Am spannendsten sind die kritischen Ausführungen aus dem sogenannten globalen Süden zu den Werte-orientierten und darin häufig selbstgefälligen Europäern. “Wenn man mit den Chinesen redet, bekommt man eine Straße. Wenn man mit den Europäern redet, bekommt man einen Vortrag”, so wird hier ein Afrikaner zitiert. Mindestens ein Punkt also, über den es sich im Nachgang zu diesem Film wirklich nachzudenken lohnt.

“Wer regiert die Welt? – Eine Spurensuche aus der Schweiz”: Mi 19. März,  20.15 Uhr, 3Sat. Mit Untertiteln für Hörgeschädigte.