Der jungenhafte Charme blitzt mitunter heute noch auf. Ihm allein verdankt Kevin Costner jedoch nicht seinen Status als Hollywood-Ikone. Und den dürfte ihm nun mit 70 Jahren – trotz mancher Flops – niemand mehr nehmen.
Mit einem Triumphschrei kommt er angeritten, gleitet in einer fließenden Bewegung vom Pferd, die Tür zum Saloon öffnet er mit einem Tritt. In wenigen Momenten wird er die Ganoven stellen, die seine Freunde belästigt und vertrieben haben. Die Szene findet sich bei YouTube als “Kevin Costner’s amazing shooting in 1985’s Silverado” – manche Zuschauerin mag indes einwenden, dass noch eindrucksvoller als die Schüsse jener Moment ist, in dem sich der draufgängerische Jake lautlos über die Saloon-Theke schwingt.
“Silverado” öffnete für Kevin Costner, damals 30, die Türen zu einer Hollywood-Karriere. Am Samstag wird der Schauspieler, der immer wieder zum Western-Genre zurückkehrte und es maßgeblich prägte, nun 70 Jahre alt.
Er sehe “nichts wirklich Großartiges am Altwerden”, sagte Costner kürzlich dem Magazin der “Süddeutschen Zeitung”. Er würde “gern für immer leben und zusehen, wie meine Kinder groß und alt werden”, so der siebenfache Vater. Das Altwerden könne jedoch “genau hier aufhören”.
Eigene Vorstellungen hatte Costner stets auch als Filmemacher, so bei seinem frühen, bislang größten Erfolg. Für “Der mit dem Wolf tanzt” erntete er 1990 auch Kritik: zu langatmig, zu stereotyp, gar “unlogisch anti-weiß”. Zugleich wurde das Western-Epos mit sieben Oscars und drei Golden Globes geehrt, heute wird es in den USA an Schulen gezeigt. Das sei nicht sein Plan gewesen; der Film erzähle einfach “eine gute, authentische Geschichte”, sagt der Hauptdarsteller heute über sein Regiedebüt.
Geboren in Südkalifornien, sang Costner als Jugendlicher im Kirchenchor, schrieb Gedichte, heiratete nach dem Studium seine Jugendliebe. Einem internationalen Publikum wurde er an der Seite von Sean Connery und Robert deNiro im Kriminalfilm “The Untouchables” bekannt. In den 1990er Jahren feierte ihn die Kritik als “neuen Gary Cooper”; Filme wie “Robin Hood – König der Diebe”, “JFK – Tatort Dallas” (beide 1991) oder “Bodyguard” (1992) festigten seinen Status als Superstar.
Derweil dürfte sich bei wenigen Hollywood-Legenden die Zahl an Auszeichnungen und Negativ-Prämierungen derart die Waage halten wie bei Costner. Er bekam mehrere Goldene Himbeeren für Schauspiel und Regie. “Waterworld” (1995), der bis dato teuerste Film der Kinogeschichte, drohte seinen Ruf zu ruinieren – obwohl er mit dem vollständigen Abschmelzen der Polkappen ein Thema behandelt, das an Brisanz eher gewonnen hat.
Mit seinen neuesten Produktionen, allen voran der gefeierten Serie “Yellowstone”, knüpft der Darsteller wieder an alte Erfolge an. Im vergangenen Mai bekam er für den ersten Teil seines Western-Epos “Horizon” beim Filmfestival in Cannes minutenlangen Applaus, zeigte sich zu Tränen gerührt – wobei es von der Kritik Verrisse hagelte. Ein Drittel des Filmbudgets hatte Costner, seit zwei Jahren geschieden, aus eigener Tasche beigesteuert.
Dass er sich immer wieder den unrühmlichen Seiten der amerikanischen Geschichte widmet, brachte – und bringt – dem Filmemacher nicht nur Wohlwollen ein. Als Kind habe er jedoch Western gesehen, “die nicht zeigten, was es bedeutete, Native American zu sein und die eigene Kultur und den Lebensraum zu verlieren”, sagte er. “Sie störten in ihrem eigenen Land, das wir haben wollten, und wir sind sie losgeworden. Was sagt das über uns aus?”
Zugleich erzählt “Horizon” von Vertrauen, Hoffnung und Glauben; mehrfach kommen Bibelverse vor. Costner, der als Baptist aufwuchs, erklärte dazu, die Kirche sei immer ein Teil seines Lebens gewesen. Auch “Yellowstone”, das der Hauptdarsteller nach Streitigkeiten verließ, ist nicht nur unterhaltsam, sondern durchaus lehrreich im Bezug auf die amerikanische Mentalität. Es gefalle dem Publikum, dass die Rancher-Familie Dutton ihre Probleme selbst löse, so Costner, während in der Realität heute alles “in den Händen von Anwälten, Agenten oder der Polizei” zu liegen scheine.
Grundsätzlich glaube er an den amerikanischen Traum, sagte der Schauspieler der “Augsburger Allgemeinen”. “Der besteht darin, dass du alles erreichen kannst, wenn du dich stark genug anstrengst.” Zugleich gelte es, Ziele sinnvoll zu wählen und ständig an sich selbst und an der eigenen Aufgabe zu arbeiten: “Nur so kann etwas Großes entstehen.”