Die US-amerikanische Philosophin Judith Butler wehrt sich gegen die Forderung jüdischer Verbände, ihr den Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main abzuerkennen. „Ich bin gegen alle sexuellen Gewalttaten, Verletzungen und Morde, die seit dem 7. Oktober stattgefunden haben, einschließlich der grausamen Taten der Hamas, die ich unmissverständlich verurteilt habe und weiter verurteile“, sagte sie der „Frankfurter Rundschau“ (Mittwochausgabe). Der Verband Jüdischer Studierender Hessen (VJSH) hatte in einem am Dienstag veröffentlichten Brief an Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) und das Preiskuratorium verurteilt, dass Butler in einer Rede am 3. März in Paris den Hamas-Angriff am 7. Oktober als einen „Akt des bewaffneten Widerstands“ dargestellt habe, der „kein terroristischer Angriff“ und „keine antisemitische Attacke“ sei.
Der Hamas als Ableger der Muslimbruderschaft im Gazastreifen sei es nie um Freiheit gegangen, sondern die Organisation rufe in ihrer von einem antisemitischen Weltbild durchsetzten Charta offen zur Tötung von Jüdinnen und Juden auf, wandte der VJSH ein. „Umso entsetzlicher finden wir, dass für Butler die eigenen Werte, Menschen- und Frauenrechte scheinbar selektiv gelten – für alle Frauen, nur nicht für israelische“, kritisieren die Unterzeichner des Briefes, zu dem neben dem VJSH unter anderem drei weitere jüdische Vereinigungen und das Studierendenparlament der Universität Frankfurt gehören.
Judith Butler entgegnete in der „Frankfurter Rundschau“, dass sie sich seit Jahrzehnten für die „Gleichgewichtigkeit dessen, was betrauert werden kann“ eingesetzt habe, „was bedeutet, dass alle Menschenleben als gleichwertig betrachtet werden sollten“. Die Philosophin ist international bekannt für grundlegende Arbeiten zur Gendertheorie. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte die Verleihung des Theodor-W.-Adorno-Preises durch die Stadt Frankfurt 2012 bereits damals kritisiert, weil Butler die Boykottbewegung gegen Israel unterstütze.
Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) bekräftigte die Forderung, Butler den Adorno-Preis abzuerkennen. „Wer die barbarischen Massaker der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober als bewaffneten Widerstand rechtfertigt und die Hamas als ‘politische Partei’ schönredet, der zeigt, dass er jedes Maß an Menschlichkeit verloren hat“, kritisierte Becker in Wiesbaden. „Schon in früheren Jahren hat Judith Butler die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah als linke, soziale Bewegungen verniedlicht und damit deren Terror verherrlicht. Daher hätte man ihr nie den Adorno-Preis verleihen dürfen.“