Von Marion Gardei
Zwei jüdische Gelehrte befragen sich gegenseitig: Worauf kommt es im Leben an? Was ist das oberste Gebot? Darüber öfter nachzudenken schenkt Orientierung, besonders wenn ich vor Entscheidungen oder Neuanfängen stehe. Aber auch wenn alles festgefahren oder belanglos scheint.
Die beiden jüdischen Schriftgelehrten können sich schnell auf das Wichtigste einigen: Einer von ihnen, Jesus, zitiert als Antwort das „Schma Israel“ aus 5. Mose 6,4: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“ Das „Schma“ lesen jüdische Menschen morgens vor dem Aufstehen und abends vor dem Einschlafen, auch in jedem Gottesdienst wird es gesprochen. Damit wird die Einzigartigkeit Gottes vergegenwärtigt: Ich kann ganz auf Gott vertrauen und brauche mein Herz nicht an andere Mächte, Menschen und Dinge hängen. So bin ich frei von allem, was mich beherrschen will.Gottes- und Menschenliebe sind wichtiger als alle Opfer
Jesus zitiert noch ein weiteres, ebenso elementares Gebot: „Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst“ (3. Mose 19,18). Gottes- und Nächstenliebe gehören zusammen. Weil Gott alle Menschen liebt, sollen auch wir anderen Gutes tun. Nächstenliebe ist nicht irgendein schönes Gefühl, sondern eine Tätigkeit für andere. Darin erweisen wir uns als seine Geschöpfe und bekommen so unsere höchste Würde. Wir sind Gott etwas wert. Und deshalb können wir uns auch selbst bejahen, so wie wir sind: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. (…)
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Predigttext am 10. Sonntag nach Trinitatis, Israelsonntag: Markus 12,28–34 (Reihe III)28 Und es trat zu ihm einer von den Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Und als er sah, dass er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen? 29 Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: „Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“. 31 Das andre ist dies: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3.Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese. 32 Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: Meister, du hast wahrhaftig recht geredet! Er ist nur „einer“, und ist kein anderer außer ihm; 33 und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und von allen Kräften, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer. 34 Als Jesus aber sah, dass er verständig antwortete, sprach er zu ihm: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen.
„die Kirche“ beteiligt sich an der Revision der Perikopenordnung. Jedem Kirchenkreis wurde durch die EKBO eine Perikopenreihe zugeordnet.