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Worüber Cordula Stratmann in ihrem neuen Buch so grübelt

Komödiantin Cordula Stratmann hat jetzt ein Buch geschrieben, in dem sie nachdenklich, spöttelnd und selbstironisch auf die Welt und ihre Probleme schaut. Der Leser merkt schnell: Lachen hilft.

Aus dem Fernsehen kennen sie die meisten Menschen. Wer aber weiß, dass Comedian Cordula Stratmann eigentlich Familientherapeutin ist – und auch noch als solche arbeitet? Mit diesem Hintergrundwissen liest man ihr neues Buch “Wo war ich stehen geblieben. Grübeleien und Geistesblitze” mit etwas anderen Augen: Nachdenkereien und Selbstreflexionen gehören zu Stratmanns Alltag. Spitz und spöttelnd kommen sie daher und helfen auch dem Leser, bei Problemen mit sich selbst und der Welt den Humor nicht zu verlieren.

Kichern erwünscht, Kritik erlaubt: Die Texte sollen “ein Anstoß zum Weiterdenken sein”, schreibt Stratmann selbst im Vorwort. Und weiter: “Verzichten Sie bitte darauf, mich für Äußerungen zu hassen, mit denen Sie nicht konform gehen.” I

Für sie selbst fangen die Grübeleien bereits mit ihrem eigenen Vornamen an: “Tja. Was soll ich sagen. Cordula. Was für ein blöder Name. Ich habe meine Mutter mal gefragt, wie ich denn geheißen hätte, wäre ich ein Junge geworden. Eckhard. Da lässt du dann ja ab vom Thema. Hopfen und Malz, verstehen Sie?”

Die 60-Jährige macht sich Gedanken von A wie Achtsamkeit bis W wie Würde – wobei die einzelnen Kapitel nicht alphabetisch geordnet sind – und nimmt den Leser mit auf ihre Gedankenreise, die etwa das Lesen der Tageszeitung, die Erinnerung an ihre Mutter, eine Bahnfahrt oder auch das Warten auf den Bus hervorrufen können: “Du sitzt an der Bushaltestelle, lässt die Augen von der Leine, kreis kreis kreis, schlägst hart auf bei der Werbung für Slips am straffen Po eines Unterwäschemodels, rutschst in die Frage, auf was du selbst da gerade sitzt, und findest dich in Windeseile auf dem Themenschlachtfeld des Verfalls wieder, nickst dir selber zu beim Gedanken, dass nichts bleibt, wie es ist.”

Zu Ende denken – dies sei für sie mitunter schwierig, sagt Stratmann. “Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich jedenfalls lebe viele Stunden meiner Tage in dem Gefühl, mit einem Gedanken nicht an sein Ende gekommen zu sein, teils, weil der Fortgang des Tages mich ablenkt, und zum großen anderen Teil, weil aus dem einen Gedanken schon der nächste kriecht, zudem meistens in eine Frage gewickelt.”

Sie legt den Finger in die Wunde und äußert unumwunden, wenn ihr manche gesellschaftliche Debatten absurd erscheinen – etwa zur “Cancel Culture”: “Dass es aber Menschen gibt, die infolge Zu-Ende-Denkens kein Sushi mehr essen, weil sie entweder nicht japanischer Herkunft oder kein Fisch sind, diese Meter kriege ich nicht zurückgelegt. Oder ist das Zu-Ende-Denken schon das Problem? Wie machen Sie das? Zu Ende denken? Bei mir kommt dann trotzdem immer noch etwas hinterher. Hölzchen auf Stöckchen.”

Vielfalt sei “nicht nur viel, wenn du damit einverstanden bist. Das ‘Viel’ in der Vielfalt bedeutet für jeden Einzelnen von uns, dass er den anderen ertragen muss”, stellt die Autorin klar.

Sehr deutlich wird Stratmann, wenn es um das Thema “Eltern am Handy” geht. “Sollte der zugegebenermaßen seltene Fall eintreten, dass eines Tages eure Leichen identifiziert werden müssen, dann ist davon auszugehen, dass eure Kinder hier den Behörden nicht hilfreich sein können, weil sie eure Gesichter einfach zu selten zu sehen bekommen haben”, schreibt sie wütend an ewig daddelnde Eltern gerichtet.

Manchmal wird es auch ganz ernst in Stratmanns Nachdenkereien. “Wer schwer erkrankt, verlassen wird oder jemanden plötzlich durch Tod verliert oder in anderer Weise seine Welt zusammenstürzen erlebt, muss nach dem Schmerz, wie groß er auch ist, zum Blick nach vorn gelangen und zu der Frage: Was nun? Oder er scheitert. Wird bitter oder böse oder bitterböse.”

An dieser Stelle, die sie unter K wie Krise sortiert, nimmt sie auch selbst Bezug auf ihren anderen, den therapeutischen Job – und schlägt hoffnungsvolle Töne an. “In meiner Praxis nehme ich als Beraterin von Menschen in Krisen stets Kurs auf ihre Kraft, auf den bisher nicht angezapften, aber verfügbaren Fundus, den wir alle in uns tragen, wenn die Realität uns zu neuer Aufstellung auffordert. Ich bin noch niemandem begegnet, der dort innen nichts fand.”