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Woche sieben: Zeit, um Zeit miteinander zu verbringen

In den sieben Wochen der Fastenzeit übten sich Karola Kallweit und Vincent Pritsch abwechselnd im ­Klimafasten und berichteten hier davon. Die Fastenzeit geht zu Ende. In der Schluss-Kolumne wendet Karola Kallweit den Blick auf ihr persönliches Osterfest.

Sieben Wochen Klimafasten sind zu Ende, was bleibt? Ich habe versucht, auf einen bewussteren Umgang mit meinen Ressourcen zu achten und tatsächlich hat mir die aktuelle Corona-Krise zum Teil dabei geholfen. Ich bin seltener ins Auto gestiegen, bin bewusster einkaufen gegangen und habe nur das geholt, was ich wirklich brauche, und habe durch das Arbeiten im Homeoffice, überhaupt das viele Zu-Hause-Sein, ­weniger Energie verbraucht.

Es war nicht anstrengend. Es war überraschend. Es war alles anders als geplant. Und jetzt ist Ostern, aber vorbei ist es irgendwie nicht. ­Offiziell natürlich schon. Die Passionszeit, das Fasten ist vorbei. Am Ostersonntag spüren Christen die Fülle des Lebens wieder. Nur etwas ist dieses Jahr doch ganz offensichtlich anders, eben weil über allem diese Krise hängt.

Die Krise als Chance sehen, das sagen sie einem doch immer, die Theologen, die Esoteriker, die Psychologen, die Optimierungstrainer. Und eigentlich mag man es gar nicht mehr hören, aber vielleicht stimmt es für diese besondere Situation, in der wir uns alle gerade befinden doch irgendwie.

Woche sieben, Zeit für gemeinsame Veränderungen. In der Klimafasten-Broschüre steht, dass ich noch ­einmal meinen ökologischen Fußabdruck berechnen soll, mir notieren soll, was ich in Zukunft fortsetzen möchte, andere motivieren soll und mich über Umweltinitia­tiven vor Ort erkundigen soll. All das ist meine Sache nicht.

Was mich motiviert, ist kein handgeschriebener Zettel mit To Dos. Was mich motiviert, um Dinge zu ändern, mehr auf meine Umwelt zu achten, sind die Dinge, die ich nun seit drei Wochen schon zwangsweise anders mache.

Seitdem dem Nach-Draußen-Gehen die Selbstverständlichkeit ­genommen wurde, ist der tägliche Schritt vor die Haustüre an die ­frische Luft etwas Magisches. Ich atme tief durch, versuche die ersten Blüher zu erschnuppern, erfreue mich am Wind, an der Sonne, am Regen und am ersten Schnee letzte Woche.

Dieser eine Spaziergang am Tag in diesen merkwürdigen Zeiten regt mich mehr an, über Veränderung nachzudenken als alle Übung dazu in der Zeit davor. Und die Kostbarkeit der Freundschaft, der Nähe, auch sie wird mir besonders schmerzhaft in den letzten Tagen bewusst.

Wann wird man sich wieder ohne Angst umarmen können, wann werden wir diesen mittlerweile schon automatisch eingenommenen Sicherheitsabstand wieder aufgeben? Diesen Tag werde ich ­feiern, das wird mein inoffizielles Osterfest.