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Wissenschaftler stellen neue Fragen zur Unendlichkeit

Nur selten kommen Physiker, Philosophen und Theologen gemeinsam an die Grenzen ihres Denkens und Forschens. Im Mai 2022 ereignete sich das bei einem ganz besonderen Kongress in Padua. Die Ergebnisse liegen jetzt vor.

Neue Fragestellungen zur Unendlichkeit stehen im Zentrum eines ungewöhnlichen Buches, das am Freitag in Rom vorgestellt wurde. Unter dem englischen Titel “Eternity between space and time” (Unendlichkeit zwischen Raum und Zeit) diskutieren darin Physiker, Philosophen und Theologen neuere Ansätze jenseits der klassischen Big-Bang-Theorie über den Ursprung und die Ausdehnung des Universums. Neben der Frage, was vor dem Weltall war und was danach kommt, spielen die Begriffe der Unendlichkeit und des Bewusstseins dabei eine zentrale Rolle.

Das Buch geht zurück auf einen internationalen und interdisziplinären Kongress an der Universität Padua im Jahr 2022. Zu den Autoren gehören die Nobelpreisträger Gerard ‘t Hooft (Universität Utrecht) und Roger Penrose (Universität Oxford). Aus den Geisteswissenschaften sind unter anderen der Wiener Theologe und Philosoph Kurt Appel und der italienische Philosoph Massimo Cacciari vertreten. Eine Brücke zwischen beiden Lagern schlägt der Astrophysiker und Theologe Gabriele Gionti von der vatikanischen Sternwarte.

Gionti erklärte bei der Vorstellung des Buchs, dass es bis heute keinen schlüssigen Beweis für die Big-Bang-Hypothese zur Entstehung des Universums gebe. Manche Astrophysiker vermuteten, dass es nach dem Ende des Universums eine “leere Ewigkeit” geben könnte, so der Jesuit. Seit den Arbeiten von Penrose sei klar, dass die bisherigen Vorstellungen von Raum und Zeit in Frage gestellt werden müssten.

Der Mailänder Quantenphysiker Fabio Scardigli ging bei der Buchvorstellung auf die Frage ein, ob künstliche Intelligenz irgendwann Bewusstsein entwickeln könne. Der Erfinder des Mikrochips, Federico Faggin, der in dem Buch ebenfalls mit einem Beitrag vertreten ist, habe erklärt, dass er dies für unmöglich halte.

Aus einer immer höheren Komplexität von Algorithmen entstehe keineswegs automatisch so etwas wie Verstand, Bewusstsein oder Kreativität, so Scardigli. Die Tatsache, dass Rechenmaschinen heute besser Schach spielen als jeder Mensch, liege nur darin begründet, dass das Schachspiel eine zwar sehr hohe, aber doch letztlich begrenzte Zahl an möglichen Zugfolgen beinhalte, die ein Rechner komplett erlernen könne. Zu den Herausgebern gehören außer Gionti und Scardiglii auch die Psychologie-Professorin Ines Testoni und der Theologe Andrea Toniolo (beide Universität Padua). Sie betonten bei der Buchvorstellung, dass angesichts des wissenschaftlichen Fortschritts der vergangenen Jahre neue Dialoge zwischen Naturwissenschaftlern, Philosophen und Theologen nötig seien.