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„Wir werden bunter und vielfältiger“

Das Evangelische Erwachsenenbildungswerk verstärkt mit Filiz Arslan den Arbeitsbereich „Erwachsenenbildung und Migration“. Die Diplom-Pädagogin möchte Kooperationen verstärken, damit Zugewanderte mehr Bildungsangebote wahrnehmen

Seit dem 15. Januar verstärkt die Diplom-Pädagogin Filiz Arslan das Team des Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes Westfalen und Lippe. Sie wird die Regionalstellen der Evangelischen Erwachsenenbildung in den Kirchenkreisen beraten und mit ihnen Angebote entwickeln. Die Geschäftsführerin des Werkes, Antje Rösener, sprach mit der neuen Mitarbeiterin.

Frau Arslan, Sie haben vor wenigen Wochen Ihre Stelle als Studienleiterin für Migration und Erwachsenenbildung angetreten. Was haben Sie vorher gemacht?
Vorher war ich beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband NRW. Dort habe ich landesweit Migrantenorganisationen im Auftrag des Integrationsministeriums des Landes NRW beraten. In den 15 Jahren habe ich circa 600 Organisationen der Migrantinnen und Migranten in NRW begleitet, informiert und qualifiziert.
Ziel dabei war, die Qualität ihrer Arbeit zu fördern und zu unterstüt­zen, damit diese wiederum mit ande­ren Akteuren der sozialen Arbeit vor Ort auf gleicher Augenhöhe kooperieren und sich vernetzen können.

Können Sie das näher erklären: Was tun Migrantenorganisationen, und weshalb sind sie wichtig für unsere Gesellschaft?
Migrantenorganisationen haben eine wichtige Rolle, weil sie als Brückenbauer fungieren und die Integrationsarbeit vor Ort, auf Landes- und Bundesebene mitgestalten. Mit ihrer Arbeit schaffen sie die Grundlage zur Integration.
Sie fördern selbstkritische Diskussionsprozesse in den Organisationen und transportieren wichtige Informationen aus der „deutschen“ Gesellschaft. Dadurch, dass sie die Trägerschaft von Projekten zur Integrationsförderung übernehmen, setzen sie wichtige Themen für die Migranten auf die Tagesordnung, wie zum Beispiel Elternbildung, Verbesserung der Bildungschancen und so weiter. Sie führen Veranstaltungen, internationale Feste und Feiern durch und versuchen, mit ihren Angeboten das interkulturelle Zusammenleben mitzugestalten.

Nun lernen Sie die Evangelische Kirche näher kennen. Was ist Ihr erster Eindruck?
Sehr positiv. Ich habe bislang nur Menschen in den Kirchenkreisen und der Evangelischen Erwachsenenbildung kennengelernt, die sich sehr engagiert für die Integration der Flüchtlinge einsetzen. Sie sind auf der Suche nach Fördermöglichkeiten, um die Ehren- und Hauptamtlichen in der Flüchtlingsarbeit zu qualifizieren und zu begleiten. Sie bieten Seminare und Fortbildungen an – auch für die Mehrheitsgesellschaft, denn wir wollen ja auf Dauer zusammenwachsen.

Welche Herausforderungen sehen Sie für das Arbeitsfeld „Migration und Erwachsenenbildung“?
Das Thema Migration und Erwachsenenbildung ist ein wichtiges gesellschaftliches Thema für uns alle. Wir sind ein Land, in das Menschen auf Dauer einwandern, genauso wie andere auswandern. Wir werden bunter und vielfältiger. Wir alle lernen um und entdecken Neues. Natürlich gibt es auch Konflikte, aber ebenso Chancen. Ich denke, die Erwachsenenbildung könnte noch stärker als zuvor das Thema Migration in ihre Aufgaben inte­grieren. Kooperationen könnten verstärkt werden, damit Migrantinnen und Mi­granten mehr Bildungsangebote besuchen.
Die Erwachsenenbildung kann mit ihren Angeboten Brücken bauen und zur Akzeptanz zum Beispiel der Flüchtlinge beitragen. Die Sorge über diese Entwicklung kann durch Trainings in Interkultureller Kompetenz auf der einen und die Weitergabe wichtiger Informationen zu den Herkunftsländern, Fluchtursachen, kulturellen und religiösen Hintergründen auf der anderen Seite genommen werden.

Gibt es gemeinsame Projekte von Migrantenorganisationen und Gruppen aus der Kirche?
Migrantenorganisationen waren bislang nicht sehr bekannt, aber die Kolleginnen und Kollegen haben signalisiert, dass sie Interesse an neuen Kooperationspartnern haben. Ich weiß zum Beispiel aus der Erwachsenenbildung in Bielefeld, dass es das Projekt „Trialog Juden – Christen – Muslime“ gibt. Gegenseitige Begegnungen stehen im Mittelpunkt. Es haben mehrere Abrahamsfeste stattgefunden und dem Projekt wurde sogar in 2011 der Bielefelder Integrationspreis verliehen.

Es wird gesagt, dass wir heutzutage alle so etwas brauchen wie Interkulturelle Kompetenz. Denn wir müssen lernen, mit Vielfalt umzugehen. Was könnte das Ihrer Meinung nach sein: „Interkulturelle Kompetenz“?
Für mich ist ein wichtiger Bestandteil der Interkulturellen Kompetenz, die eigene Haltung zu überprüfen und zu schauen, was für Bilder ich in meinem Kopf habe, wenn ich mit Menschen in Kontakt trete, die aus einer für mich fremden Kultur stammen. Diese andere Person hat andere Weltbilder und Erfahrungen, fühlt und handelt vielleicht anders als ich. An dieser Stelle muss ich für mich schauen, wie ich das aushalte und darauf achten, diese Menschen nicht zu verurteilen. Auch glaube ich, dass eine Haltung der Offenheit und des Lernens besser durch den persönlichen Kontakt gelingt.