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Wie Sebastian Pietrasch ehrenamtlicher Sterbebegleiter wurde

Sebastian Pietrasch aus Burgwedel bei Hannover engagiert sich, damit andere Menschen in Würde Abschied nehmen können. Porträt eines ehrenamtlichen Sterbebegleiters.

Sterbegleiter versuchen, die letzten Wochen und Tage ihrer Patienten so schön wie möglich zu gestalten.
Sterbegleiter versuchen, die letzten Wochen und Tage ihrer Patienten so schön wie möglich zu gestalten.Fanny Harlan

Sebastian Pietrasch erinnert sich noch gut an den ersten Besuch. „Mir schlotterten die Knie und ich zitterte am ganzen Körper, als ich an der Tür klingelte.“ Gleich würde er seine erste Patientin treffen und zum ersten Mal als ehrenamtlicher Sterbebegleiter im Einsatz sein. Doch die Aufregung habe sich schnell gelegt, sagt der 40-jährige Mann aus Burgwedel. „Wir sind schnell miteinander ins Gespräch gekommen. Das Treffen war sehr angenehm.“

Seitdem hat Pietrasch, der sich als ehrenamtlicher Sterbebegleiter beim Ambulanten Hospizdienst Burgwedel engagiert, zwei sterbenskranke Frauen begleitet und viele Begegnungen hinter sich. „Das ist gar nicht so spektakulär, wie man denkt“, sagt er. „Wir sprechen über ganz normale Themen, über die Familie, den Beruf und die schönen Erlebnisse im Leben.“ Seine erste „Patientin“ sei Unternehmerin gewesen und habe mehrere Apotheken besessen. „Sie hat ein spannendes Leben geführt. Es war sehr interessant für mich, ihre Erzählungen zu hören.“

“Das habe ich nicht so gut ausgehalten”

Sterbebegleitung könne allerdings auch belasten, betont der Ehrenamtliche. „Meine zweite Patientin hatte Lungenkrebs und musste mitunter minutenlang husten“, erzählt Sebastian Pietrasch. „Das habe ich nicht so gut ausgehalten. Deswegen haben wir vereinbart, dass ich währenddessen auf den Balkon gehe.“

Mit wachsendem Vertrauen kämen dann auch die schwierigen Momente im Leben zur Sprache, etwa Probleme mit den Kindern. Der Tod sei hingegen seltener ein Thema, betont Pietrasch, der von sich sagt, keine Angst vor dem Tod zu haben. Für die Angehörigen sei die Situation oft schwieriger zu ertragen als für die Betroffenen selbst. „Die Familie will es nicht wahrhaben.“ Abstand gewinnt Pietrasch auf Wanderungen und im Urlaub. Mit seinen Eltern könne er nicht von seinen Begegnungen sprechen. „Sie kommen schnell auf ein anderes Thema. Das finde ich schade.“ Der Tod sei eben noch immer ein Tabuthema, bedauert Pietrasch.

“Ich bin überwältigt, wie viel ich zurückerhalte”

Erst vor rund zwei Jahren hat sich Pietrasch, der bei einer Bank arbeitet und viele ältere Menschen bei der Anlage ihrer Wertpapiere berät, zum ehrenamtlichen Sterbegleiter ausbilden lassen. „Ich suchte nach einer sinnvollen ehrenamtlichen Beschäftigung.“ Da habe ihn eine Bekannte auf den Hospizdienst aufmerksam gemacht. „Das hat mich neugierig gemacht.“

Pietrasch betont, dass er gern mit älteren Menschen im Gespräch sei. In der Ausbildung zum Sterbebegleiter habe er gelernt, wie er einfühlsam mit seinen Patienten sprechen und ihre Bedürfnisse erkennen könne. Mit diesem Wissen versuche er jetzt, die letzten Tage und Wochen seiner Patientinnen und Patienten so angenehm wie möglich zu gestalten. Zudem freue er sich, wenn er den Angehörigen ein paar Stunden Freiraum verschaffe, sagt Pietrasch, der selbst unverheiratet ist und keine Kinder hat. Vor Kurzem hat er für dieses Engagement den Ehrenamtspreis der Sparkasse Hannover erhalten.

Wie er engagieren sich rund 60 weitere Ehrenamtliche als Sterbebegleiter beim Hospizdienst Burgwedel. Doch es würden immer wieder Engagierte gesucht. Die Aufgabe sei erfüllend, blianziert Pietrasch. „Ich bin überwältigt, wie viel ich zurückerhalte. Manchmal frage ich mich, wer hilft wem.“