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Wie Ängste, Stress und Kummer auch das Herz belasten

Manche Menschen sterben wenige Monate nach ihrem geliebten Partner: Seelisches Leid wirkt sich laut einem Herzspezialisten auch organisch aus. Er wirbt für ein Umdenken – auch in der Medizin.

Leidensdruck nicht als “Psychokram” abtun: Das fordert der Herzspezialist Umes Arunagirinathan. “Wenn ich große Angst oder schlimmen Kummer habe, zieht sich alles im Körper zusammen, auch die Gefäße. Das Herz wird schlechter durchblutet und kann nicht mehr genügend Leistung bringen, um den Kreislauf aufrechtzuerhalten”, erklärte er im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (Januar-Ausgabe). Hormone wie Adrenalin oder Kortisol ließen den Blutdruck ansteigen, “was einen unmittelbaren Effekt auf das Herz hat”.

Drastisch zeige sich dies bei Menschen, die etwa einen Bürgerkrieg erlebt hätten und “extrem vorgealtert” wirkten, sagte der aus Sri Lanka stammende Experte. “Durch solche Traumata nehmen die Organe großen Schaden.” Menschen gingen unterschiedlich mit Belastungen um, manche seien “stabiler aufgestellt” und andere zarter. “Das hat aber nichts mit Schwäche zu tun. Wir sind da unterschiedlich emotional ausgestattet.”

Zugleich könne man durchaus daran arbeiten, wie man etwa mit Stress umgehe, sagte Arunagirinathan. Er beobachte jedoch mit Sorge, “dass wir zu oft ins gesellschaftliche Hamsterrad geraten. Immer der Beste sein, noch eine extremere Herausforderung annehmen.” Manche Menschen kämen nie zur Ruhe, “aber nicht, um das Leben irgendwann zu genießen, sondern nur, um einen Kampf mit sich selbst zu gewinnen. Auf Dauer kann das nicht gutgehen.”

Das Herz buchstäblich erleichtern würde es dagegen, “wenn wir nicht immer nur nach außen schielen, sondern den Blick nach innen richten und fragen: ‘Hand aufs Herz, wie geht es mir wirklich? Tut mir das alles tatsächlich gut?'”. Viele Menschen konzentrierten sich zudem zu stark auf Niederlagen oder die Dinge, die nicht geklappt hätten. Hilfreich könne sein, sich vor Augen zu halten, was man schon alles geschafft und überstanden habe, sagte der Mediziner.

Zudem sei “jegliche Bewegung in Maßen” sinnvoll. “Es ist ganz bestimmt nicht der Marathon, der uns seelisch entlastet. Das ist schon wieder mit viel zu viel Wettkampf verbunden.” Dagegen senke auch ein kurzer Spaziergang sofort die Stresshormone. Arunagirinathan: “Gehen Sie an die frische Luft, lassen Sie den Blick schweifen, staunen Sie über die Farben des Himmels.”