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WHO: Medizinische Versorgung der Menschen in Gaza zusammengebrochen

Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von einer zusammengebrochenen medizinischen Versorgung der Menschen im palästinensischen Gaza-Streifen. Nach einer zweiwöchigen Blockade befanden sich unter den 20 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern für die Menschen lediglich vier mit medizinischer Ausrüstung und Geräten, wie WHO-Christian Lindmeier in einem Interview mit WDR5-„Morgenecho“ am Dienstag schilderte. Die Geräte seien den WHO-Mitarbeitern von dem medizinischen Personal an den Krankenhäusern aus den Händen gerissen worden, da mittlerweile Menschen ohne jegliche Anästhesie auf den Operationstischen lägen.

„Es ist nichts mehr da, auch kein Treibstoff, um die Generatoren laufen zu lassen, um überhaupt noch Licht oder die Krankenhäuser am Laufen zu halten, Inkubatoren funktionieren nicht mehr, Dialysegeräte funktionieren nicht mehr, nichts mehr funktioniert“, fasst Lindmeier die Lage an den Krankenhäusern sowohl im Norden als auch im Süden des Gaza-Streifens zusammen. Schon für die „normalen“ Krankheiten sei eine solche Situation untragbar, aber nun gebe es Tausende Opfer durch herabfallenden Gebäude, Explosionen und Beschuss. „Wir haben über 15.000 Verwundete, über 5.000 Tote, davon die Hälfte ungefähr Frauen und Kinder.“ Es sei untragbar, dass diese Menschen keine Hilfe erhielten und auch das medizinische Personal bei seiner Arbeit um sein Leben bangen müsse, kritisierte Lindmeier.

Mit Blick auf unterschiedliche Bewertungen von Israel und den USA zu den Mengen an Treibstoff-Vorräten im Gaza-Streifen und der Rolle der radikalislamischen Hamas bei der Weitergabe von Treibstoff an Kliniken, sagte Lindmeier, es würden von der UN keine unterirdischen Tanks kontrolliert werden können. Aber die Hilfslieferungen, die von außen kämen, durchliefen das System des OCHA, des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Dieses System garantiere auch in Krisengebieten, dass Güter bis zum Endverbraucher gelangten. Die Einstufung von Treibstoff durch Israel als Lieferung mit „dual use“, also mit militärischem Nutzen und für den Einsatz ziviler Generatoren, mache es allerdings nicht einfach.

Der WHO-Sprecher betonte, dass der zuvor schon weitgehend von der Außenwelt abgeschnittene Gaza-Streifen nun komplett ohne Strom und ohne Frischwasserversorgung sei. Seit dem Raketenangriff der Hamas auf Israel seien 1.400 Tote in Israel bestätigt. Das sei furchtbar, sagte Lindmeier, aber das Ausmaß sei nicht zu vergleichen mit den „fürchterlichen Angriffe auf die Bevölkerung in Gaza“.

Am 7. Oktober hatte die Hamas, die Gaza beherrscht, mit Raketen und Terrorkommandos Israel angegriffen, etliche Menschen getötet und weitere verschleppt. Israel reagierte mit dem heftigen Beschuss Gazas und der Abriegelung des Gebietes.