Farbenfroh und detailreich sind viele Handschriften aus dem Mittelalter. Das Problem: Sie verblassen, das Pergament bröckelt. Die Lösung: Ein Scan der wertvollen Kunstschätze – fast ewig haltbar und weltweit zugänglich.
Das wohl wertvollste Buch Tschechiens, der Codex Vyssegradensis, ist ab sofort online zu besichtigen. Der Visegrader Codex aus dem elften Jahrhundert hat einen Versicherungswert von einer Milliarde Kronen (40 Millionen Euro), wie Radio Prag (Montag) berichtete. Die etwa 100-seitige Handschrift entstand vermutlich zur Krönung des ersten böhmischen Königs Vratislav II. im Jahr 1086. Ein 3D-Scan des Pergaments, das wohl im Regensburger Kloster Sankt Emmeram gefertigt wurde, ist jetzt auf Google Arts & Culture kostenlos zugänglich.
Der Band, der heute zum nationalen Kulturerbe Tschechiens zählt, wurde so genau gescannt, dass einzelne aufgemalte Krallen des böhmischen Löwen erkennbar sind oder auch feine Risse in einer Zeichnung, die den heiligen Wenzel auf dem Thron zeigt. In einem öffentlich-privaten Partnerprojekt zwischen der Nationalbibliothek und einem Unternehmen wurden sowohl finanzielle Mittel als auch das Know-how zusammengelegt, erklärte Bibliotheksdirektor Tomas Foltyn. “Durch diese Verbindung konnten die Dokumente gerettet werden, die nun für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Und das ist das Ziel, das wir uns gesetzt haben”, so der Wissenschaftler.
“In diesem Projekt digitalisieren wir keine Gegenwartswerke, die noch durch Autorenrechte geschützt sind”, sagte Foltyn. Vielmehr gehe es um Werke, für die sämtliche Rechte längst ausgelaufen sind. “Im modernen Bibliothekswesen geht es nicht nur um die Aufbewahrung der Relikte der Vergangenheit, sondern auch darum, selbst kulturelle Inhalte zu schaffen, sie zu pflegen und für künftige Generationen zu erhalten.”