Seit Jahren schwelt ein Konflikt zwischen den evangelischen Gemeinden „Neupfarr“ und „Dreieinigkeit“ in Regensburg. Seit etwa Sommer 2023 soll der Streit weiter an Schärfe gewonnen haben. Daran hat auch die Fusion der beiden Gemeinden vor fünf Monaten nichts geändert. Im Gegenteil: Mehrere Mediationen, die den Konflikt beruhigen sollten, sind gescheitert. Nun steht der Innenstadtgemeinde ein personeller Aderlass bevor.
Pfarrerin Marjaana Marttunen verliert womöglich die erste Pfarrstelle, die mit einer Geschäftsführung verbunden ist. Pfarrer Magnus Löfflmann, der die dritte Pfarrstelle bekleidet, wechselt zum 1. September auf eine Pfarrstelle ins mittelfränkische Fürth. Von dem Konflikt betroffen ist auch Citykirchenpfarrerin Gabriele Kainz. Sie hat zwar eine besondere Pfarrstelle in der Kircheneinheit inne, teilt sich aber mit den anderen hauptamtlichen Pfarrpersonen den Kirchenraum in der Dreieinigkeitskirche. Nun verlässt auch sie Regensburg und wechselt zum 1. August in die Schweiz.
Dem Vernehmen nach soll auch eine Sekretärin dem Pfarrbüro den Rücken gekehrt haben. Eines der beiden Pfarrbüros soll vorübergehend nicht besetzt gewesen sein. Bei einem personellen Aderlass dieser Größenordnung fragen sich nun viele, was geschehen ist und vor allem was die Gründe sind. Offiziell will sich niemand mit Namen zu dem Konflikt äußern. Eine Person aus dem Konfliktfeld spricht aber von einem „Klima der Angst“. Regionalbischof Hans Stiegler hatte die jüngste Kirchenvorstandssitzung in Vertretung für den Dekan geleitet, alle Beteiligten seien vorerst zur Verschwiegenheit verpflichtet worden.
Einiges deutet darauf hin, dass der Konflikt um Pfarrerin Marttunen kreist. Nicht jeder sei mit ihrem Führungsstil zurechtgekommen, heißt es. Da sei „viel passiert“ in den vergangenen zwei Jahren, mit dem er nicht mehr zurechtgekommen sei und sich „gesundheitlich verschlissen“ habe, sagt Pfarrer Löfflmann. Dadurch habe sich im personellen Umfeld Frust angestaut. Mit der Konsequenz, dass er in Regensburg seine Zelte abbauen und mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern in Fürth-Dambach neu anfangen werde. „Ich habe keinen anderen Ausweg mehr gesehen.“
Den Weggang bedauere sie zwar, sagt Pfarrerin Marttunen, zugleich lägen aber auch Chancen darin: „Wir haben eine Fusion hinter uns, danach kann man manches justieren.“ Derzeit befinde man sich in „offenen und vertraulichen Gesprächen“, für die es noch „keine Sprachregelung“ gebe. Kommende Woche wolle sich der Kirchenvorstand erneut zusammensetzen.
Mögliches Leitungsversagen ist das eine, die Fusion das andere: Die äußeren Rahmenbedingungen haben sich in vielen Fällen geändert, sodass offenbar zusätzliche Druck- und Stresssituationen entstanden sind. So war die Citykirchenarbeit zunächst an die mittlere Ebene, das Dekanat, angebunden. Mit der Fusion sei die Stelle dann an den Kirchenvorstand angegliedert worden und unterliege damit „inhaltlich und finanziell“ den Entscheidungen des Kirchenvorstands, beklagte Kainz in einem Abschiedsbrief an ihre Kollegen. Sie habe sich dadurch in ihrer Arbeit eingeschränkt gesehen. Unter ihrer Ägide war die Citykirchenarbeit in Regensburg zu einer festen Größe mit überregional beachteten Projekten in Regensburg geworden.
Regionalbischof Klaus Stiegler geht auf die Kritik von Kainz auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit Verweis auf Personalangelegenheiten nicht weiter ein. Er sagt lediglich, dass es „ein natürlicher Vorgang“ sei, dass kirchliches Personal im Lauf des Berufslebens wechsle und an verschiedenen Stellen arbeite. Kainz habe „wertvolle, auch innovative Arbeit“ geleistet und könne nun „in einem anderen kirchlichen Kontext Impulse und Erfahrungen sammeln und womöglich in die Landeskirche zurückkehren“.
Auch den Weggang von Löfflmann bestätigte Stiegler. Die Gründe für den Konflikt liegen laut Stiegler in der Fusion. Damit seien „große Entscheidungen“ getroffen worden, „verschiedene Kulturen“ müssten dabei vereint und Neues entwickelt werden. „Das sind anspruchsvolle Aufgaben“, sagt der Regionalbischof. Der Kirchenvorstand befinde sich „mitten in diesem Findungsprozess“. Konkreter wird Stiegler nicht. Kircheninsider hingegen sagen, dass der Prozess, den Stiegler anspricht, so neu gar nicht sei, sondern bereits seit mehreren Jahren laufe.
Für Dekan Jörg Breu als Personalchef stehen die aktuellen Kündigungen „exemplarisch für den Transformationsprozess“ in der evangelischen Landeskirche. Allein damit lässt sich der personelle Schwund aber offensichtlich nicht erklären. Denn inoffiziell räumt Breu auch „persönliche Konflikte unter den Kombattanten“ ein. Nachdem mehrere Mediationen gescheitert seien, werde man jetzt um eine große Intervention nicht mehr herumkommen. Wie immer die aussehen wird, sollte Marttunen die Geschäftsführung verlieren oder abgeben, müsste die leitende Pfarrstelle neu ausgeschrieben und besetzt werden. (1636/16.05.2025)