Artikel teilen:

Weniger Soziale Medien und mehr Zuwendung in der Pubertät

Jugendliche in der Pubertät motzen, schimpfen, wollen wie Erwachsene behandelt werden und sind doch noch Kinder. Ein Kinder- und Jugendarzt wirbt für mehr Verständnis. Denn das Gehirn wird gerade umstrukturiert.

Wer mitten in der Pubertät steckt, braucht emotionale Zuwendung und reale Sozialkontakte. Das führt laut Kinder- und Jugendarzt Bernhard Stier zu einer stärkeren Entwicklung jener Bereiche im Gehirn, die mit der Verarbeitung sozialer Informationen beschäftigt sind. “Likes” in Sozialen Medien seien hingegen nur ein müder Abklatsch, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”.

Erst durch die pubertäre Entwicklung mit all ihren Veränderungen auf biologischer, kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene werde der Mensch zu einem sozialen Wesen. Im Gehirn finde ein Umbauprozess nach bestimmter Reihenfolge statt, bei dem alles auf den Prüfstand gestellt werde, so Stier. Beispielsweise sei das Gehirn eines pubertierenden “Rumpelstilzchens” in einer Reifungsphase, in der das Frontalhirn umbaubedingt kaum Kontrolle habe. Das geschehe etwa in der Mitte der Pubertät. Die Zugänglichkeit für rationale Argumente sei eingeschränkt.

Der Experte fordert deshalb, der Pubertät mehr Aufmerksamkeit zu schenken und ihr Potenzial zu nutzen. “Die Pubertät stellt vielleicht die letzte Chance dar, bevor das Einbiegen auf die Lebensautobahn erfolgt.”

Das sollten auch Schulen mehr unterstützen. Denn Jugendliche in der Pubertät hätten auch Entdeckerdrang, Spontanität, sie seien reich an Ideen und kreativ. “Die Lehrpläne”, empfiehlt Stier, “sollten in dieser Lebensphase viel mehr auf Kreativität und Fantasie setzen und Freiräume zur Entfaltung schaffen”.