Kommentar von Markus Dröge
Die Wüste ist faszinierend. Und zugleich ist sie bedrohlich. Ihre Trockenheit atmet den Tod. Weh dem, der sich verliert, der sich verkalkuliert mit seiner Kraft, seinen Wasservorräten. Und die Wüste ist voller Wunder. Ich erinnere mich gut an eine Wüstenerfahrung vor vielen Jahren in der judäischen Wüste. Meine Frau und ich hatten von unserem Kibbuz einen Ausflug gewagt. Wir kamen bald an eine kleine Senke. Obwohl kein Wasser zu sehen war, bedeckte sie ein grüner Flaum. Zarte, frische Gräser, und dazu: bunte Wüstenblumen. Nur ein wenig Wasser hatte die Samen im Wüstenboden aufgehen lassen. An dieses Bild musste ich denken, als ich vor zwei Wochen vom Flughafen Kairo startete. Zwei mit Gesprächen gespickte Tage in der ägyptischen Hauptstadt waren vorbei. Wir flogen in einer großen Schleife und ich konnte die Wüste gut sehen: die Millionenstadt, den Nil und das Grün, das sich verlor, je weiter der Abstand zum Fluss wurde. Wo Wasser ist, ist Leben. Wo nur der Sand regiert, da droht der Tod. Deutlicher als mit einem Blick auf den Nil aus der Vogelperspektive lässt sich diese Wahrheit wohl kaum erkennen. „Wasserströme in der Wüste“ – das ist das Thema des diesjährigen Weltgebetstags. Es geht um Ägypten. Der Bibeltext zum Thema steht beim Propheten Jesaja im 43. Kapitel, Vers 19: „Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.“ Bei Jesaja sind die Wasserströme in der Wüste ein Bild für die Befreiung, die Gott schenkt. Unsere Gesprächspartner in Ägypten haben den arabischen Frühling wie ein solches Wasser in der Wüste erlebt, als Befreiung von der Macht unterdrückerischer Regime. In Ägypten war es zuerst die Mubarak-Diktatur, die von Millionen Menschen vertrieben wurde. Dann war es im vergangenen Sommer das Mursi-Regime, das in die Knie gezwungen wurde, nachdem der Präsident versucht hatte, eine islamistische Herrschaft aufzubauen. Wieder waren Millionen auf die Straße gegangen.(…)
Weiterlesen