Mirjam ist die tanzende Prophetin. Sie ist eine der wichtigsten weiblichen Figuren der Befreiungsgeschichte Israels. Bekannt durch den Lobgesang, den sie nach der Durchquerung des Schilfmeeres mit anderen Israelitinnen anstimmte. Am Mirjamsonntag, dem 14. Sonntag nach Trinitatis, geht es um Frauen in der Bibel, um Kirchen in Solidarität mit den Frauen, das Aufbrechen von sexistischen Strukturen und die Lebenswirklichkeit von Frauen. Der Mirjamsonntag entstand in der ökumenischen Dekade „Solidarität mit den Frauen“ (1988– 1998). Eine der Deutungen des Namens „Mirjam“ kommt von dem hebräischen Wort „mārāh“ und bedeutet „widerspenstig sein“. Mirjam ist ungezähmt.
Aufbrechen des Konzepts „Frauen arbeiten – Männer leiten“
Nicht nur steckt sie die anderen Frauen mit ihren Jubeltänzen an, sie stellt Moses Autorität als alleiniges Sprachrohr Gottes infrage (4. Buch Mose). Immer wieder beweist sie Mut. Aber brauchen wir diesen Mut? 65 Prozent der Theologie-Studierenden sind Frauen und auch das Ehrenamt ist mehrheitlich weiblich. In den Leitungspositionen von Kirche sieht das aber anders aus. Eines der Ziele des Mirjamsonntags ist das Aufbrechen des Konzepts „Frauen arbeiten – Männer leiten“. Frauen sollen ermutigt werden, ihre Vorstellungen von einer gerechten Kirche einzubringen.
Dazu sagt Rosa Coco Schinagl, Studienleiterin für Frauenarbeit im Amt für Kirchliche Dienste (AKD) der EKBO: „Diese Sensibilisierung erfolgt durch solche Themenschwerpunkte wie den Mirjamsonntag, aber auch durch die Vernetzung der Frauen und Empowerment, ihre Themen in Gottesdiensten zur Sprache zu bringen.“ Dieses Jahr ist das Thema des Mirjamsonntags „Maria aus Magdala“: Jesu treu bis zum Kreuz und erste Zeugin des Auferstandenen, „Apostelin der Apostel“ genannt.
Nächstes Jahr steht Care-Arbeit im Mittelpunkt
Nächstes Jahr wird der Schwerpunkt Care-Arbeit sein. Und der Mangel an Aufmerksamkeit für die Menschen, die diese verrichten. „Die anderen Stimmen sind zurzeit noch recht wenige und müssen unverhältnismäßig laut sein“, sagt Rosa Coco Schinagl über die Repräsentanz von weiblichen Lebensrealitäten im Gottesdienst.
Andernorts hat sich die Bezeichnung Frauensonntag etabliert. „Wir in der EKBO halten bewusst an der Bezeichnung Mirjamsonntag fest, um deutlich zu machen, dass das Thema geschlechtergerechte Gottesdienste alle angeht“, ist auf der Webseite des AKD zu lesen. Und so wählen sie Mirjam, die tanzende, widerspenstige, mutige Prophetin.
Info: Materialheft und Entwürfe zu geschlechtergerechter Liturgie
Marie Bammel ist Praktikantin in der Redaktion “die Kirche”