In Spanien gehört Olivenöl zum Alltag. Aber es ist sehr teuer geworden. Denn die Olivenernte ist mager ausgefallen – der Regenmangel so besorgniserregend, dass Wasser nach Andalusien geliefert werden soll.
Sie gelten als gesund, schon fast als ein Lebenselixier, die grünen Oliven. In der südspanischen Stadt Malaga werden sie zu jedem Bierchen – der Canita – mitaufgetischt. Es gibt sie in unzähligen Varianten: salzig, scharf, saftig, eingelegt mit Peperoni oder Zwiebeln, gewürzt mit Kräutern oder Knoblauch. Eine Wissenschaft für sich, und meist ein Gaumenschmaus. Oliven gehören zum spanischen Lebensgefühl dazu.
Es gibt sie freilich nicht nur zum Bier. Sie werden ebenso zerkleinert als Olivenpaste – Tapenade – auf Brot oder als Zutat in Gerichten gegessen. Darüber hinaus wird die ovale Frucht zu Produkten wie Körperlotion, Gesichtscreme, Seife verarbeitet. Die meisten Oliven allerdings werden zum sogenannten grünen Gold gepresst: dem Olivenöl. Und dieses kommt in Spanien von morgens bis abends auf den Tisch.
“Bei uns zu Hause wird es für alles benötigt, nicht nur für den Salat”, sagt Miguel Gonzalez aus Andalusien. Das Öl sei sehr gesund, und man könne es problemlos mehrmals erhitzen. “Als Apotheker habe ich das alles studieren müssen, die genaue chemische Zusammensetzung des Olivenöls”, so der Südspanier. Studien bestätigen: Olivenöl hat einen positiven Einfluss auf Gefäße, Herz und Bluthochdruck, kann unter anderem Schmerzen lindern und Herzinfarkten vorbeugen.
Je mehr man über Olivenöl erfährt, umso mehr überzeugt es, dass man wie die Spanier mit der Flasche in der Hand kochen und haushalten sollte. Zumal die Menschen auf der iberischen Halbinsel schon in einigen Studien als die Gesündesten der Welt eruiert wurden – dies unter anderem dank der Ernährung.
Aber: Um viele Oliven essen zu können, braucht es gute Ernten. Genau das wird in Spanien zunehmend schwieriger. Selbst Olivenbäume, die als sehr resistent gelten, die Wärme und Hitze mögen, können bei sehr hohen Temperaturen in Stress geraten. Im vergangenen Sommer wurde Südspanien von mehreren Hitzewellen heimgesucht, mit Temperaturen bis zu 44 Grad. Vor ein paar Wochen erlebte das Land mit rund 30 Grad einen neuen Hitzerekord für einen Dezember.
Hinzu kommt: Es regnet nicht ausreichend. Der Wassermangel ist seit Monaten so signifikant, dass es in vielen Teilen Südspaniens Einschränkungen für die Bevölkerung oder für die Landwirtschaft gibt. Mittlerweile wird in einigen Ortschaften nachts das Wasser abgedreht; die regionale Regierung wägt zurzeit ab, in naher Zukunft Trinkwasser mit Schiffen übers Meer herzufahren. Außerdem sind weitere Entsalzungsanlagen in Planung, um so rasch als möglich aus Meereswasser trinkbares Wasser aufzubereiten.
Miguel Gonzalez, der nahe der Küstenstadt Malaga lebt, kennt den Kampf mit dem Wasser und der Hitze. Er ist nicht nur Apotheker, sondern seit dem Tod seines Vaters auch Besitzer von Olivenhainen. “Eigentlich ist die Pflege eines Olivenbaums zum Glück nicht sehr anspruchsvoll”, sagt der 51-Jährige. Diese Bäume hätten die Fähigkeit, in kargen und trockenen Erden zu überdauern. Sogar Brände könnten sie überleben, weil sie Wurzeln besitzen, die bis zu sechs oder sieben Meter tief reichen. “Bei der Dürre aber letzten Sommer fuhr ich wöchentlich nach Dilar.”
Dilar ist ein Dorf in Andalusien, das ein paar Kilometer entfernt von der Stadt Granada liegt. Es ist Gonzalez’ Heimatdorf, wo sein Vater früher auf großen Weiden Schafe, Kühe, Ziegen und Pferde hielt. “Als mein Vater älter wurde und die Arbeit mit den Tieren zu schwer, pflanzte er auf dem ganzen Gebiet Olivenbäume an. Heute sind da über 1.000 Olivenbäume.” Aus deren Früchten jedes Jahr Olivenöl gepresst wird.
Andalusien ist Weltmarktführer beim Olivenöl. Wie das in Spanien ansässige deutschsprachige Online-Magazin “Costa Nachrichten” vergangenes Jahr berichtete, kommen 75 Prozent der spanischen Produktion und ein Viertel allen Olivenöls auf der Welt aus Andalusien. Anders gesagt: Andalusien lebt vom Olivenöl.
Gonzalez’ Bäume sind mittlerweile etwas mehr als 30 Jahre alt. Sie werden künstlich bewässert. Bis vor Kurzem inspizierte er regelmäßig nach der Arbeit in der Apotheke die Bewässerungsanlage in Dilar und besprühte die Olivenbäume mit verschiedenen Düngemitteln – um unter anderem die Stiele zu stärken, an denen die Oliven hängen. “Damit sich die Oliven nicht zu früh lösen, auf den Boden fallen und dann verderben”, sagt der Kleinunternehmer. Aber durch die extremen Klimaverhältnisse lösten sich dann doch viele Oliven zu früh ab; die Ernte wird im Vergleich zu anderen Jahren eher mager ausfallen.
“Die Oliven sind mittlerweile gereift, wir befinden uns mitten in der Ernte, schütteln die Oliven von den Bäumen”, berichtet er. Gleich nach der Lese würden die Früchte samt Kern in einer Ölmühle zerkleinert und gepresst. Was man daraus an Masse gewinne, seien rund 25 Prozent des Gesamtgewichts. Das bedeute: Ernte man 100 Kilogramm Oliven, habe man am Ende 25 Liter Olivenöl. “Die Oliven von rund 500 Bäumen konnten wir bereits einsammeln, gewonnen haben wir bislang etwa 6.500 Kilogramm.”
Optimistisch blickt Gonzalez nicht in die Zukunft, wenn es um Ernten, Wasser und Hitze geht. Mit Grund: Selbst die spanische Regierung erwartet, dass bis 2050 die Temperaturen weiter steigen und 70 Prozent des Landes von Dürreperioden betroffen sein werden. Jetzt schon sind die Wasserspeicher praktisch leer und die Olivenernte ist in Andalusien um die Hälfte geschrumpft.
Wie sich das auf den Konsum des Olivenöls bei den Spaniern auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die Preise sind massiv gestiegen. Klar bleibt: Der gelbgrüne, bittersüße Lebenssaft ist ein Kulturgut und Grundnahrungsmittel. Mehr noch: Man wächst hier mit dem Olivenöl auf wie mit der Muttermilch.