Nur jeder fünfte Baum in Deutschland ist noch gesund. Der aktuelle Waldzustandsbericht weist kaum positive Entwicklungen auf. Umweltschützer meinen, zu wissen, wo die Fehler liegen.
Nur noch jeder fünfte Baum in Deutschland ist gesund. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Zustand des Waldes damit kaum verändert, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Waldzustandserhebung für 2024 hervorgeht. Dabei zeigte besonders der deutsche Nationalbaum, die Eiche, eine besorgniserregende Entwicklung. Umweltschützer fordern deshalb die Einrichtung einer Zukunftskommission für den Wald.
Trotz zuletzt zweier relativ regenreicher Sommer wirkten sich die Dürrejahre 2018 bis 2020 weiterhin auf den Wald aus, heißt es im Bericht. Demnach beläuft sich der Anteil der geschädigten Waldbäume, die bereits eine hohe sogenannte Kronenverlichtung aufweisen, wie im Vorjahr auf 36 Prozent. Um einen Prozentpunkt gesunken auf 43 Prozent sei hingegen der Anteil der Bäume, für die eine Warnstufe vorliege. Diese wird ausgesprochen, wenn die Kronenverlichtung messbar zwischen 11 und 25 Prozent liegt.
Der Bericht nimmt die Kronenverlichtung, also den sichtbaren Nadel- oder Blätterverlust in den Baumkronen, als Indikator für den Gesundheitszustand des Waldes. Für den diesjährigen Bericht wurden den Angaben zufolge über 9.800 Bäume untersucht. Rund 80 Prozent der Probebäume entfielen dabei auf die vier Hauptbaumarten in Deutschland: Fichte, Kiefer, Buche und Eiche.
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) nannte den Waldzustandsbericht einen “Weckruf”. Die Wälder müssten dringend stabiler aufgestellt werden. “Das heißt: Wir müssen die Waldbesitzenden bei den notwendigen Anstrengungen unterstützen und sie nicht durch zusätzliche Bürokratie behindern. Wir müssen in Forschung investieren und den Wissenstransfer stärken. Und nicht zuletzt müssen wir die Waldbewirtschaftung stärken, denn Waldnutzung und Waldumbau sind aktiver Klimaschutz.”
Der Nabu sieht neben Dürre und Schädlingsbefall auch “jahrzehntelange Fehler in der Forstwirtschaft” als Gründe für den schlechten Zustand des Waldes. Der Naturschutzverband fordert deswegen die Einsetzung einer Zukunftskommission Wald. “Forstwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Umweltverbände müssen jetzt an einem Strang ziehen”, sagte Nabu-Waldexperte Sven Selbert.
Besonders dramatisch gestalte sich die Situation bei der Eiche, hieß es. Hier wiesen inzwischen mehr als die Hälfte der Bäume eine deutliche Kronenverlichtung auf. Der Anteil der gesunden Bäume sank um einen Prozentpunkt auf 16 Prozent. Bei Kiefer und Buche blieb der Anteil der kranken Bäume mit 24 beziehungsweise 46 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres. Bei der Buche habe sich der Anteil der gesunden Bäume ohne Kronenverlichtung allerdings leicht verbessert: von 15 auf 18 Prozent.
Die zumindest den Zahlen nach positivste Entwicklung zeigten die Fichten. Hier sank der Anteil der Bäume mit deutlichen Kronenverlichtungen von 43 auf 39 Prozent, während der Anteil der gesunden Bäume von 17 auf 21 Prozent stieg. Die Autoren des Berichts weisen allerdings darauf hin, dass Fichten im Vergleich zu den anderen Hauptbaumarten die höchste Absterberate hätten. Abgestorbene Bäume würden in der Stichprobe jedoch nicht mehr erfasst, sondern durch neue Bäume ersetzt.