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Wahl in Venezuela mit ungewissem Ausgang

Vor den Wahlen in Venezuela am Sonntag rufen Menschenrechtler die Demokratien auf, das Wahlrecht der Venezolaner zu schützen.

In Venezuela haben beide politischen Lager vor der Präsidentenwahl am Sonntag (28. Juli) noch einmal ihre Anhänger mobilisiert. Dabei versammelte die Mitte-Rechts-Opposition um den ehemaligen Botschafter und Spitzenkandidaten Edmundo Gonzalez am Donnerstag (Ortszeit) in La Mercedes in der Hauptstadt mehrere Tausend Menschen. “An diesem Sonntag werden wir gemeinsam zur Wahl gehen. Es bleiben nur noch wenige Stunden, und dieser 28. Juli wird ein Tag für den Wiederaufbau Venezuelas, für die Rückkehr des Vaterlandes, für die Rückkehr unserer Kinder sein”, sagte Gonzalez.

Er geht als Ersatzkandidat für die in den parteiinternen Wahlen der Opposition nominierte Maria Corina Machado ins Rennen. Machado war trotz internationaler Proteste die Kandidatur von der Justiz untersagt worden. Machado warnte zuletzt vor einem neuen Massenexodus aus Venezuela, sollte sich der linksautokratische Amtsinhaber Nicolas Maduro mit Hilfe von Gewalt an der Macht halten. Maduro hatte im Vorfeld davon gesprochen, dass es im Falle seiner Niederlage ein “Blutbad” in Venezuela geben könnte.

Das hatte vor allem die demokratischen linken Kräfte in Lateinamerika zu Kritik veranlasst. Chiles Präsident Gabriel Boric erklärte unter keinen Umständen sei es gerechtfertigt, mit einem Blutbad zu drohen. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zeigte sich besorgt über Maduros Blutbad-Äußerungen und rief ihn dazu auf, im Falle einer Niederlage, diese auch zu akzeptieren. Auch Argentiniens linksperonistischer Ex-Präsident Alberto Fernandez, der eigentlich als Wahlbeobachter nach Caracas reisen wollte, erinnerte Maduro daran, dass in einer Demokratie der unterlegene Kandidat die Niederlage zu akzeptieren habe. Daraufhin wurde Fernandez als Wahlbeobachter wieder ausgeladen.

Maduro wiederum warb zuletzt in einer TV-Ansprache um das Vertrauen der Wähler. Er stehe für Frieden und Stabilität. Umfragen renommierter Institute sehen Gonzalez weit vorne, die Regierung verweist auf Umfragen anderer Institute, die einen Maduro-Sieg voraussagen, die aber erst seit kurzer Zeit im Gebiet der Meinungsforschung aktiv sind.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch rief in einer Erklärung unmittelbar vor den Wahlen die Regierungen in Lateinamerika, den USA und Europa dazu auf, alle diplomatischen Anstrengungen zu unternehmen, um das Wahlrecht der Venezolaner zu schützen. Verhaftungen von Oppositionsmitgliedern, willkürliche Disqualifizierungen von Oppositionskandidaten und Bemühungen, den zivilen Raum weiter einzuschränken, hätten den Wahlprozess in Venezuela stark beeinträchtigt. “Obwohl die Wahlen in Venezuela kaum frei oder fair sein werden, haben die Venezolaner die beste Chance seit über einem Jahrzehnt, ihre Regierung zu wählen, und die internationale Gemeinschaft sollte ihnen dabei den Rücken stärken”, sagte Juanita Goebertus, Amerika-Direktorin von Human Rights Watch.

Das südamerikanische Land leidet seit Jahren unter einer schweren Versorgung- und Wirtschaftskrise. Das UN-Menschenrechtskommissariat berichtete über schwere Menschenrechtsverletzungen wie außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Unterdrückung der Opposition. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Ermittlungen gegen die Maduro-Regierung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgenommen. Die Regierung Maduro weist dies als politische Kampagne zurück. In den vergangenen zehn Jahren hat ein Viertel der Bevölkerung des Land verlassen, insgesamt verlor Venezuela auf diese Weise rund acht Millionen Menschen.