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Vor 60 Jahren starb James-Bond-Erfinder Ian Fleming

Er gründete 1952 das Fachjournal “The Book Collector” für Büchersammler und reüssierte als Kinderbuchautor mit “Tschitti Tschitti Bäng Bäng”. Bekannt ist Fleming – Ian Fleming aber natürlich aus anderen Gründen.

Tumultartige Szenen spielten sich vor 60 Jahren rund um das altehrwürdige Odeon Filmtheater am Leicester Suqare in Londons West End ab. Als dort am 17. September 1964 “Goldfinger”, der dritte Film aus der “James Bond”-Reihe seine Premiere erlebte, war das Gedränge enorm. Rund 5.000 Fans lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Der weltweite Hype um 007 brach sich endgültig Bahn. Der Erfinder des britischen Lebemanns und Agenten im Geheimdienst Ihrer Majestät erlebte das nicht mehr mit. Rund einen Monat vor den tumultartigen Szenen in London, am 12. August, hatte Ian Fleming das Zeitliche gesegnet.

Wie sein Romanheld war auch Fleming selbst zu Lebzeiten weder Affären noch einem Drink abgeneigt. Zigaretten gehörten in seinen Kreisen ohnehin zum guten Ton. Schlecht für die Gesundheit. Eine Herzattacke bedeutete schließlich das Aus für den Schriftsteller, dessen letzte Worte angeblich im Krankenwagen auf dem Weg ins Kent and Canterbury Hospital fielen: “Es tut mir leid, dass ich euch belästige. Ich weiß nicht, wie ihr heutzutage bei dem Verkehr auf den Straßen so schnell vorankommt.” Very british – wie so manches in Flemings schillernder Karriere.

Der am 28. Mai 1908 geborene Sproß einer begüterten Familie musste früh den Verlust des Vaters verkraften. Valentine Fleming fiel im Ersten Weltkrieg im Kampf gegen die Deutschen in Frankreich. In der “Times” schrieb ein gewisser Winston Churchill über seinen Kameraden: “Er war sehr ernsthaft und aufrichtig in seinem Wunsch, die Dinge für den Großteil des Volkes zu verbessern”. Eine Kopie des Nachrufs mit der Widmung Churchills hatte stets einen festen Platz an einer Wand im Schlafzimmer des Sohnes.

Ian war im Zweiten Weltkrieg ebenfalls gegen die Deutschen im Einsatz – als rechte Hand von John Godfrey, dem Leiter des britischen Militärgeheimdienstes. Der Konteradmiral soll angeblich Pate gestanden haben für “M”, Bonds Vorgesetzten beim MI6. Stoff für Flemings späteren Romane lieferte dessen Engagement offenbar reichlich. Immer wieder kolportiert: ein Besuch von Fleming und Godfrey 1941 in einem Casino im damals neutralen Portugal.

Beim Verlassen des Etablissements im Badeort Estoril raunte Fleming angeblich seinem Chef zu, wie aufregend es doch wäre, wenn es sich bei den Mitspieler um deutsche Geheimdienstagenten gehandelt “und wir sie um ihr Geld gebracht hätten”. In Flemings erstem Bond-Roman von 1953, “Casino Royale”, tritt 007 jedenfalls gegen seinen Kontrahenten Le Chiffre am Spieltisch zum Duell an.

Fleming nannte den Erstling ein “schreckliches, unbeholfenes Werk”. Seinen Verleger ließ er wissen: “Mein Gefühl sagt mir, dass die Lebensdauer eines solchen Buches nicht lang ist.” Falsch gedacht. Mit dem fünften Bond-Abenteuer “From Russia with Love” (“Liebesgrüße aus Moskau”) stieg der Akkordschreiber 1957 endgültig in die Oberliga der Autoren auf. Das “Life Magazine” listete den Roman 1961 unter den zehn Lieblingsbüchern des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy. Mit seinen Spionage-Storys vor exotischer Kulisse, die aus dem realen Konflikt zwischen Ost und West einen Kampf zwischen Gut und Böse machte, traf Fleming mitten im Kalten Krieg den Nerv der Zeit.

Im wahren Leben hatte sich der Autor bereits 1947 eine ehemalige Esel-Rennbahn auf Jamaika gekauft und dort eine Bleibe errichtet, die er auf den Namen “Goldeneye” taufte. Bereits bei seinem ersten Besuch 1944 hatte es ihm die Karibikinsel angetan. “Wenn wir diesen verflixten Krieg gewonnen haben, werde ich in Jamaika leben”, vertraute Fleming seinem Gastgeber an. “Im Meer schwimmen und Bücher schreiben” – das war schon zu diesem Zeitpunkt der Plan.

Dazu passt, dass die erste Kinoverfilmung “Dr. No” – mit Sean Connery als 007 – auf Jamaika spielt. Und dass Fleming seinen Agenten nach einem US-amerikanischen Vogelkundler benannte, Autor eines Grundlagenwerks über die dortige Fauna mit dem Titel “A Field Guide to the Birds of the West Indies”. Ausgerechnet “You only live twice” (“Du lebst nur zweimal”) hieß der Roman, der kurz vor Flemings Tod erschien. Tatsächlich machte 007 seinen Schöpfer unsterblich – auch wenn die Filme ein arg schlichtes Frauenbild transportieren. Und Flemings Romane mit Blick auf Rassismus-sensible Leserschaft im vergangenen Jahr überarbeitet wurden.