Die vergangenen drei Monate waren für Heike Rakutt eine anstrengende Zeit: Seit November 2023 ist die 49-Jährige Leiterin der Sarepta-Schwesternschaft. Ihr Dienstsitz ist der von diakonischen Einrichtungen geprägte Bielefelder Ortsteil Bethel, aber um die vielen Bereiche der Stiftungen kennenzulernen, war sie ständig unterwegs. Die Aufnahme in die Schwesternschaft ist nach diesen Wochen noch einmal ein Höhepunkt für sie. „Ich freue mich total darauf“, sagt sie zwei Tage vor dem feierlichen Gottesdienst. „Das ist ein Zeichen dafür, dass ich nicht nur einen Job mache, sondern mit vollem Herzen dabei bin.“
Dabei kam Heike Rakutt erst über Umwege zu ihrem Amt in der Diakonie. Aufgewachsen in einer atheistischen Familie, erwachte während ihrer Schulzeit das Interesse am Glauben. Mit 17 Jahren ließ sie sich taufen, arbeitete in der kirchlichen Jugendarbeit mit und machte nach dem Abitur ein diakonisches Jahr.
Ausbildung zur Prädikantin und spätes Theologiestudium
Mit dem Berufseinstieg verlor sich die Verbindung zur Kirche zunächst – bis sie vor etwas über zwölf Jahren zum ersten Mal einen lutherischen Gottesdienst in der Bielefelder Stiftskirche besuchte. „Das hat mich gepackt“, erzählt sie. „Danach konnte ich gar nicht mehr aufhören.“ Sie ließ sich zur Prädikantin ausbilden, wurde Presbyterin und studiert gerade berufsbegleitend Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal.
In der Vorbereitungszeit für das Studium landete die Stellenausschreibung für die Leitungsstelle in Bethel in ihrem E-Mail-Postfach. „Ich dachte: Da steckt so viel drin – das versuche ich einfach.“
Von Jura über ein Antiquariat bis hin zu Erziehungswissenschaften
Durchaus ein Wagnis für jemanden, dem das, was man als diakonischen Stallgeruch bezeichnen könnte, bis dahin abging. Aber Heike Rakutt liebt Herausforderungen, das lässt sich schon an ihrem Lebenslauf ablesen: Nach dem Abitur studierte sie zunächst Jura, gab das aber für eine Stelle in einem Antiquariat auf. Fünf Jahre später entschied sie sich für eine kaufmännische Ausbildung mit Schwerpunkt im digitalen Bereich, um nach einiger Zeit wieder neu anzufangen und an der Universität Bielefeld einen Master in Erziehungswissenschaften zu machen. Ihre Erfahrungen im digitalen Bereich bescherten ihr dann eine Stelle im Informatik-Bereich der Uni, wo sie für das E-Learning zuständig war.
Und jetzt also eine Leitungsstelle an der Spitze einer Schwesternschaft von rund 320 Frauen? Ihre Entscheidung dafür begründet Heike Rakutt unter anderem mit ihrem Wunsch nach einer geistlichen Gemeinschaft. Außerdem hat sie die Vielfalt der Aufgaben gereizt, zu denen neben der Verwaltung des Budgets auch die Arbeit mit Diakonissen im Ruhestand, die Beratung der Stiftungen Sarepta und Nazareth und die Programmgestaltung für die Schwesternschaft gehören.
Diakonische Prägung ist für viele Berufsfelder interessant
„Wir befinden uns in einer Zeit der Umbrüche, müssen uns in der Kirche von manchem verabschieden, um Neues zu gestalten“, sagt Rakutt. „Gerade das ist die Riesenchance für Gemeinschaften wie uns. Mit unserer diakonischen Prägung haben wir in vielen Berufsfeldern etwas zu bieten.“
Beeindruckend findet sie dabei auch die Art ihrer neuen Schwestern, über den Glauben zu sprechen. „Es ist ganz toll, wenn mir jemand nicht einfach ,viel Glück‘ wünscht, sondern sagt: Ich bete für dich!“ Das geistliche Leben innerhalb der Schwesternschaft möchte sie daher noch weiter stärken und ausbauen – und dabei immer fragen: „Wo werden wir gebracht?“