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Weltglückstag: Vom Glück in Zeiten der Dauerkrise

Endlich Frühlingsanfang und längere Tage. Kein Wunder, dass die Uno den “Welttag des Glücks” auf den 20. März gelegt hat. Was Glück ist, wird allerdings sehr unterschiedlich interpretiert.

Glück wird sehr unterschiedlich interpretiert
Glück wird sehr unterschiedlich interpretiertImago / Shotshop

Krise als Dauerzustand. Darf man angesichts von Donald Trump und des Kriegs in der Ukraine, von AfD und Klimakrise über Glück reden? “Was sind das für Zeiten, wo / Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist / Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt”, schrieb Bertolt Brecht Mitte der 30er Jahre mit Blick auf den Nazi-Terror in seinem Gedicht “An die Nachgeborenen”.

Denjenigen, die sich trotz der düsteren Weltlage nach ein wenig Leichtigkeit und Hoffnung sehnen, sei der Donnerstag (20. März 2025) empfohlen: Denn dann ist nicht nur Frühlingsanfang, sondern auch der von der UNO 2013 eingeführte Welttag des Glücks.

Frühling: Aufbruch, neues Leben, Licht und Wärme

Lenz, Frühjahr, Frühling: Astronomisch jedenfalls steht fest, dass der Winterblues vorbei ist. Am Donnerstag gegen 10.01 Uhr ist Tagundnachtgleiche, das Äquinoktium. Zu diesem Zeitpunkt steht die Sonne genau senkrecht über dem Äquator, Tag und Nacht sind jeweils zwölf Stunden lang. Bis zum Sommeranfang wendet sich die Nordhalbkugel der leicht geneigt stehenden Erde immer stärker der Sonne zu.

Gerühmt in Liedern (Veronika, der Lenz ist da) und Gedichten (Frühling lässt sein blaues Band), steht der kommende Abschnitt des Jahres für Aufbruch, neues Leben, Licht und Wärme. In Literatur und Malerei werden die Jahreszeiten oft mit den menschlichen Lebensaltern gleichgesetzt. Der Frühling steht dabei für die Jugend.

Mit dem Frühling kommt – das behaupten jedenfalls viele Gedichte und Lieder – auch das Glück. Doch was das ist, darüber machen sich die Menschen seit mehreren tausend Jahren Gedanken. Die Gründerväter der USA nahmen das individuelle “Streben nach Glück” als eines der “unveräußerlichen Rechte” in ihre Unabhängigkeitserklärung auf. Der vormalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begründete die Ausrufung des “World-Happiness-Day” damit, dass zum Glück mehr gehöre als Wirtschaftswachstum und Umsatz. Es gehe um Mitgefühl, Gemeinwohl und nachhaltige Entwicklung.

Königreich Bhutan erfasst das “Bruttonationalglück”

Dass wirtschaftliches Wachstum nicht alles ist, hat das Königreich Bhutan im Himalaya schon lange erkannt. Seit 2008 ist das “Bruttonationalglück” in der Verfassung verankert. Regelmäßig wird das Volk nach seiner Zufriedenheit befragt: nach Lebensstandard, Gesundheit, psychischem Wohlergehen, Bildung, Zeiteinteilung, guter Regierungsführung und Gemeinschaftsgefühl.

Das Königreich Bhutan im Himalaya hat seit 2008 das "Bruttonationalglück" in der Verfassung stehen
Das Königreich Bhutan im Himalaya hat seit 2008 das "Bruttonationalglück" in der Verfassung stehenImago / VWPics

Wem diese Definitionen nicht reichen, der kann tiefer bohren, um das Geheimnis des Glücks zu enträtseln. So lässt sich etwa unterscheiden zwischen dem Zufallsglück (englisch: luck) und dem Lebensglück (happiness). Oder zwischen einem kurzfristigen Hochgefühl und einer eher auf lange Sicht angelegten Lebenszufriedenheit.

Umstritten ist, wie weit man selber zum Glück beitragen kann: Manche Forscher argumentieren, es sei genetisch zum großen Teil festgelegt, ob man ein Glas als halb voll oder als halb leer ansieht. “Dein Glück hängt von den guten Gedanken ab, die du hast”, meinte demgegenüber der römische Kaiser Marc Aurel. So ähnlich argumentieren auch aktuelle “Glücks”-Ratgeber. Ihre Botschaft: Glück kann man wie ein Handwerk lernen.

Manfred Lütz, Psychiater und katholischer Theologe, hält davon nichts. “Wer auf die Glücksratgeber hereinfällt und die Produktion von Glücksgefühlen anstrebt, indem er seine Füße in Orangensaft badet oder unentwegt an Duftstäbchen riecht, hat vom wirklichen Glück nichts verstanden”, so der Autor des Buches “Wie Sie unvermeidlich glücklich werden”.

Glück findet man im Sinn des Lebens

Nach Ansicht von Lütz führt eine maßlose Sehnsucht nach machbarem Glück in die Sackgasse. Wenn Menschen nach unerreichbaren Zielen strebten, verhindere dies die Verwirklichung des Möglichen. “Nur wenn man die Gewissheit hat, auch in den Krisen nicht ins Nichts zu fallen, wenn man einen Sinn im Leben sieht, dann kann man unvermeidlich glücklich werden”, betont der Psychiater.

Arthur Schopenhauer, als Menschenhasser bekannt, wandte sich grundsätzlich gegen das Glücksverlangen der Menschen. Der Mensch sei nicht geboren, um glücklich zu sein. Man müsse schon zufrieden sein, wenn er keine Schmerzen und kein Unglück empfinde. “Besonders überwiegt die Gesundheit alle äußeren Güter so sehr, dass wahrlich ein gesunder Bettler glücklicher ist als ein kranker König.”