Der Regisseur Kilian Riedhof wünscht sich mehr „gesunde Radikalität“ im deutschen Fernsehfilm. „Wir können uns nicht mehr verkriechen in unserem bundesdeutschen Kokon, sondern müssen uns einer stark veränderten weltpolitischen Situation stellen“, sagte der 52-Jährige in der am Dienstag veröffentlichten Ausgabe des Medien-Podcasts „Läuft“. Fernsehfilme müssten weniger erwartbar und ästhetisch herausfordernder sein, um die Spaltung der Gesellschaft widerspiegeln zu können.
Der vielfach preisgekrönte Riedhof hat für das Fernsehen unter anderem den Politthriller „Der Fall Barschel“ (2016) und den Zweiteiler „Gladbeck“ (2018) inszeniert. Im Kino lief in diesem Jahr sein Film „Meinen Hass bekommt ihr nicht“, der die Geschichte eines Mannes erzählt, dessen Frau bei den Pariser Terroranschlägen 2015 getötet wurde. Mitte Januar startet sein neuer Kinofilm „Stella. Ein Leben“ über eine deutsche Jüdin, die in der NS-Zeit als Denunziantin für die Gestapo arbeitete.
Der deutsche Fernsehfilm verharre in einer „gewissen Behaglichkeit“, anstatt brennende Themen wie die Situation der Geflüchteten oder die Gefährdung der Demokratie durch Populisten zu thematisieren, kritisierte Riedhof in dem Podcast. Um dies zu überwinden, seien nicht nur die Sender, sondern auch die Kreativen gefragt: „Ich glaube, das hat auch mit einer gewissen Schmerzbereitschaft zu tun beim Schreiben, schon beim Entwickeln.“
Riedhof sitzt in der Jury des Fernsehfilm- und Serienfestivals Televisionale, das am Montag in Baden-Baden begonnen hat. Bis Freitag konkurrieren dort zehn Werke um die Auszeichnung als bester Fernsehfilm des Jahres. Mit Blick auf das Programm sprach Riedhof von einer guten Auswahl, über die sich auf jeden Fall diskutieren lasse.
Der Podcast „Läuft“ ist eine Koproduktion das Fachdienstes epd medien und des Grimme-Instituts in Marl. Er befasst sich mit aktuellen Themen aus der Medienbranche, nimmt aber auch Fernseh-, Radio- und Streaming-Produktionen sowie Podcasts und besondere Webangebote in den Blick.