Um den Ausstoß von Kohlendioxid im Straßenverkehr signifikant zu reduzieren, passiert laut Wuppertaler Professorin für Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement seitens der Politik zu wenig, wie sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. „Bei den CO2-Emissionen sind wir im Verkehrsbereich immer noch auf dem Niveau von 1990.“
Die Politik habe es unterlassen, die nötigen Rahmenbedingungen für eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs zu schaffen, kritisierte Reutter. Für eine Verkehrswende sei es nötig, dass Bund, Länder und Kommunen tätig werden: „Da ist jeder auf seiner Ebene gefragt.“ Das Ziel müsse sein, den ÖPNV attraktiver zu machen.
Autoverkehr in den Innenstädten weiter reduzieren
Dazu gehören nach den Worten der Expertin für Mobilität, Verkehr und Stadtentwicklung auch Maßnahmen zur Einschränkung des Autoverkehrs. Als Beispiele nannte sie autofreie Zonen in den Innenstädten, die Reduzierung von Parkplätzen und Tempolimits. Trotz der Einführung des Deutschlandtickets passiere bislang jedoch zu wenig. Zudem werde weiterhin nicht genügend Geld in Alternativen zum Autoverkehr gesteckt.
Hinzu komme, dass auch die Industrie falsche Signale setze und verstärkt auf Produktion und Verkauf großer und PS-starker Fahrzeuge setze, kritisierte Reutter, die in Dortmund über „Autofreies Leben in der Stadt“ promovierte und heute an der Bergischen Universität Wuppertal lehrt. Die technischen Möglichkeiten, die die Umstellung auf E-Mobilität und die Entwicklung nachhaltigerer Fahrzeuge bieten, würden durch diese Entwicklung konterkariert.
Proteste zur Verkehrswende seien „richtig und wichtig“
“Die bundesweiten Proteste von „Fridays for Future“ und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für eine Verkehrswende hält die Forscherin für „richtig und wichtig“. Das Thema Verkehr betreffe die gesamte Bevölkerung, sagte sie. „Da ist es wichtig, öffentlichkeitswirksam auf den Zusammenhang zwischen unserem Mobilitätsverhalten und dem Klimaschutz hinzuweisen.“
Die Verbindung von gewerkschaftlichen Anliegen und Klimaschutz beim gemeinsamen Aktionstag von ver.di und „Fridays for Future“ sieht Reutter allerdings kritisch. „Der öffentliche Verkehr ist eine Lösung für das Klimathema“, betonte sie. Insofern sei es kontraproduktiv, den ÖPNV zu bestreiken. Sie befürworte zwar uneingeschränkt das Streikrecht. Beim Einsatz für mehr Klimaschutz und beim Streit um Arbeitnehmerrechte handele es sich aber im Grunde um zwei getrennte Bereiche.
Die Expertin für Verkehrswesen ist Vorstandsmitglied im Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit der Uni Wuppertal und des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Außerdem gehört Reutter wissenschaftlichen Beiräten des Bundesverkehrsministeriums und des NRW-Verkehrsministeriums an, die sich mit Mobilitätsfragen befassen.