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Verfassungsschutzbericht darf “Junge Welt” nennen

Die Tageszeitung “Junge Welt” scheitert mit dem Antrag, ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht für unzulässig zu erklären. Die verfassungsfeindlichen Ziele seien hinreichend bewiesen, so das Verwaltungsgericht Berlin.

Die Erwähnung der Tageszeitung “Junge Welt” und ihres Verlags in den Verfassungsschutzberichten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) ist rechtmäßig. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag und bestätigte damit einen vorherigen Eilbeschluss (AZ VG 1 K 437/21).

In den Verfassungsschutzberichten wird die “Junge Welt” vom BMI seit 2004 regelmäßig in der Rubrik Linksextremismus als “kommunistisch ausgerichtete Tageszeitung” aufgeführt. Auch in früheren Berichten war das Blatt seit Ende der 1990er Jahre mehrfach erwähnt worden. Dagegen hatte die “Junge Welt” geklagt, weil nach Darstellung des Verlags potenzielle Leser und Werbekunden abgeschreckt würden sowie Autoren und Interviewpartner schwieriger zu gewinnen seien.

Das Gericht urteilte jetzt, dass die Erwähnung der “Jungen Welt” in den Verfassungsschutzberichten vom Bundesverfassungsschutzgesetz gedeckt sei. Es sei hinreichend bewiesen, dass die “Junge Welt” eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischen Verständnis anstrebe. So nähme das Blatt wiederholt positiv Bezug auf Lenin und sei der ehemaligen DDR sehr verbunden, heißt es in dem Urteil der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin.

Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kritisierte das Urteil als “Bärendienst” für Pressefreiheit und Demokratie. “Kritische Berichterstattung über Krieg und Kapitalismus ist kein Fall für den Verfassungsschutz, sondern als Teil der politischen Willensbildung zu verteidigen”, sagte Sevim Dagdelen von der BSW-Gruppe im Bundestag.

Die “Junge Welt” erschien seit ihrer Gründung 1947 bis 1990 als Zentralorgan des staatlichen DDR-Jugendverbands Freie Deutsche Jugend (FDJ). 1991 wurden Zeitung und Verlag privatisiert und durchliefen mehrere Besitzerwechsel, die oft von heftigen Auseinandersetzungen über die Blattlinie begleitet wurden. Seit 1995 ist der Verlag nach dem Vorbild der linksalternativen “taz” als Genossenschaft organisiert, Geschäftsführer ist seitdem das DKP-Mitglied Dietmar Koschmieder. Auch Jürgen Elsässer, Herausgeber und Chefredakteur des in dieser Woche verbotenen rechtsextremen “Compact”-Magazins, arbeitete in den 1990er Jahren für die “Junge Welt”

Koschmieder zeigte sich von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin enttäuscht und kündigte weitere juristische Schritte an. Gegen das Urteil ist Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.