Klimawandel und skrupellose Spekulanten bedrohen nach den Worten des italienischen Unternehmers Andrea Illy die Kaffee-Branche. Warum die Not der Bauern dadurch größer wird und sie dringend Unterstützung benötigen.
Der italienische Unternehmer Andrea Illy sieht die Kaffeebranche derzeit in einem extremen Sturm. Dürren in Vietnam und Brasilien hätten 2024 eine Welle von Spekulationen am Markt ausgelöst, sagte Illy der “Süddeutschen Zeitung” (Montag). Der Preis für Kaffee betrage mehr als vier US-Dollar pro Pfund. In den vergangenen Jahren habe der Durchschnitt bei 1,20 bis 1,30 Dollar gelegen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass solch manipuliert hochgehaltene Kaffeepreise wieder ins Bodenlose fallen könnten – “mit furchtbaren Konsequenzen für die Kaffeebauern”.
Dazu komme, dass es rund die Hälfte der heute noch kultivierbaren Kaffeeanbaugebiete wohl nach 2050 nicht mehr geben werde, erinnerte Illy. “Die Extremwetterlagen nehmen in letzter Zeit noch stärker zu und fallen drastischer aus, als wir das noch vor einigen Jahren gedacht hatten.” Wetterphänomene wie El Nino und La Nina bedrohten vor allem die Landwirtschaft von Vietnam, Brasilien, Peru und Ecuador.
Hedgefonds oder auch Pensionsfonds warteten nur auf solche schwerwiegenden Ereignisse, um dann auf dem Markt für Rohstoff-Futures zu spekulieren und auf höhere Preise zu setzen, erläuterte der 61-Jährige. “Das sind Leute, die sitzen am Computer und betreiben einen automatisierten Hochfrequenzhandel auf dem Rücken von Kleinbauern in Südamerika, Afrika oder Asien.”
30 Prozent des Kaffees werde von etwa 30.000 mittelgroßen und größeren Unternehmen produziert, erinnerte Illy. 70 Prozent des Kaffees kämen von kleinen bis sehr kleinen Unternehmen – und davon gebe es 12,5 Millionen in 40 Ländern. Die Hälfte von denen lebe jetzt schon unterhalb der Armutsgrenze. “Die Branche und die Menschen, die hier arbeiten, sind extrem verletzbar. In diesen Ländern haben die Menschen auch nicht das Geld, um zu investieren und Vorkehrungen gegen den Klimawandel zu treffen”, so der Unternehmer.
Der Geschäftsmann appellierte an ein Umdenken und forderte, enger mit den Bauern zusammenzuarbeiten. “Wir müssen ihnen helfen.” Notwendig sei ein Mix aus öffentlichen und privaten Finanzhilfen, um das System aufrechtzuerhalten. “Das kann nur in unserem Interesse liegen: 50 Prozent der Kaffee-Weltproduktion landet in den wohlhabenden Ländern wie Deutschland und Italien.” In den kommenden zehn Jahren würden dafür an die zehn Milliarden Dollar gebraucht. Wenn aber gar nichts unternommen werde, “werden wir in fünf Jahren eine Kaffeekrise sehen, die wir dann kaum noch beherrschen werden”.