Zum Pfingstfest haben leitende Geistliche in Baden-Württemberg die Verantwortung von Christen für Frieden und gelebte Nächstenliebe in den Mittelpunkt gestellt. Nach Ansicht des Freiburger katholischen Erzbischofs Stephan Burger ist Pfingsten nicht nur ein historisches Ereignis. Es geschehe bis heute dort, „wo die Sprache der Liebe erlernt und gelebt wird, wo der Mensch von diesem Feuer göttlicher Liebe erfasst ist“, sagte Burger im Freiburger Münster, wie das Erzbistum mitteilte. Im Mittelpunkt des Festes stehe die christliche Friedensbotschaft und die auf Christus gründende Liebe.
Burger berichtete von seiner jüngsten Reise als Caritas-Bischof in die Ukraine. Dort sei er Menschen begegnet, deren Engagement aus christlicher Liebe entstanden sei. „Neben der Spur der Verwüstung durch Hass und Gewalt die Geschichte hindurch gibt es ebenso die Spur der Heiligkeit, der gelebten Barmherzigkeit, gibt es die gelebte Liebe als Zeichen der Solidarität und Anteilnahme, gibt es die konkrete Hilfe, die andere nicht im Stich lässt und Versöhnung sowie wahren Frieden ermöglicht“, betonte der Erzbischof.
In einem Dorf, in dem keiner mehr wohnt, predigte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl. Er sprach in Gruorn im Kreis Reutlingen. Der Ort wurde im Dritten Reich zwangsgeräumt und dann als Truppenübungsplatz genutzt, lediglich die Kirche und das Schulhaus blieben erhalten. Seit 1968 pflegen die Gruorner Familien und deren Freunde diese Gebäude und laden an Pfingsten zum Heimattreffen ein.
Gohl zeigt sich laut Predigtmanuskript überzeugt, „dass es die Kirche auch in Zukunft geben wird. Aber sie wird eine andere Gestalt haben.“ Die Entwicklung in Gruorn lehre, „wie dramatisch dieser Umbau ist und wie viel Gottvertrauen es braucht, um gegen den Augenschein an der Zukunft der Kirche zu bauen.“
Am Abend feierten Gohl und Bischof Klaus Krämer von der Diözese Rottenburg-Stuttgart das Jubiläum 1700 Jahre Konzil von Nicäa in Stuttgart in einer ökumenischen Pontifikalvesper. Laut Krämer können moderne Menschen die christliche Botschaft nur verstehen, „wenn wir uns immer wieder neu dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen“. Gohl ermutigte laut Mitteilung zu weiteren ökumenischen Schritten: „Jesus wendet sich uns in freier Liebe zu, gerade wo wir in unseren Widersprüchlichkeiten sind.“
Als ökumenisches und universales Fest bezeichnete die Ulmer Regionalbischöfin Gabriele Wulz das Pfingstfest. Frieden und Leben seien der große Zuspruch von Christus an die Menschen und die Verheißung für eine Welt, die in „Krieg und Gewalt versinkt“, sagte die Prälatin laut Manuskript am Pfingstsonntag im Ulmer Münster. Jesus sei ein Fürsprecher für das Leben. Deshalb könnten die Menschen aufstehen gegen Lebensüberdruss oder Verzweiflung. Sie könnten damit aufhören, die Zukunft ihrer „Kinder und Enkel zu verbraten“ oder sich anzueignen, was ihnen nicht gehöre, so Wulz.
In einem gemeinsamen Wort hatten schon vor den Feiertagen die vier großen Kirchen im Südwesten eindringlich zu Frieden aufgerufen. Die Erklärung betonte die Notwendigkeit von Friedensbemühungen angesichts weltweiter Konflikte und gesellschaftlicher Spannungen. Auch wenn es dringlich sei, sich verteidigungsfähig zu machen und bedrängten Ländern beizustehen, müsse das Ziel immer sein, „der Option für den Frieden den Weg zu bereiten.“ Dies sei ein Auftrag, der die Bereitschaft zur Versöhnung und Vergebung einschließe.
An Pfingsten erinnern die Kirchen weltweit an die in der Bibel berichtete Ausgießung des Heiligen Geistes vor rund 2000 Jahren. Das Fest gilt zugleich als Geburtstag der Kirche. (1372/09.06.2025)