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Sondierung: Wortklauberei um Migration

Die Union will sich in der Asyl- und Migrationspolitik um einen gemeinsamen europäischen Kurs bemühen. Sie schließt aber auch ein eigenmächtiges Vorgehen nicht aus.

Union und SPD haben sich auf ein Sondierungspapier geeinigt
Union und SPD haben sich auf ein Sondierungspapier geeinigtImago / dts-Nachrichtenagentur

Die CDU will Migranten und Asylbewerber notfalls auch ohne Zustimmung der Nachbarländer an den deutschen Grenzen abweisen. “Zwischen CDU/CSU und SPD ist vereinbart worden, dass es Zurückweisungen an den deutschen Grenzen auch bei einem Asylgesuch geben wird”, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), der “Bild”.

“Wir suchen dabei einen Weg im Konsens mit unseren europäischen Nachbarn. Wir werden deshalb vom ersten Tag an die Grenzkontrollen nicht nur deutlich ausbauen und die Zahl der Zurückweisungen steigern, sondern zugleich einen intensiven Dialogprozess mit unseren Nachbarn einleiten”, fügte er hinzu.

Migration “Abstimmung” statt “Einvernehmen”

Frei machte klar: “Wir wollen in Europa keine unnötigen Konflikte heraufbeschwören und zu gemeinsamen Lösungen kommen. Klar ist dabei aber auch: Die Sicherheit unseres Landes steht für uns an erster Stelle. Sie zu garantieren, ist oberste Pflicht des Staates.”

Im Sondierungspapier zwischen CDU/CSU und SPD heißt es, die Zurückweisungen von Migranten und Asylbewerbern würden “in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn” stattfinden. Unions-Insider verweisen gegenüber der Zeitung darauf, dass im Papier bewusst nicht “im Einvernehmen” stünde, sondern nur “in Abstimmung”.

Nach “Bild”-Informationen kündigte Parteichef Friedrich Merz (CDU) intern an, er werde noch vor Amtsantritt mit den Nachbarländern sprechen. Ab dem ersten Tag der neuen Regierung sollten dann die Zurückweisungen an den Grenzen deutlich ausgeweitet werden. Dies solle aber nicht sofort Asylsuchende betreffen. Die Zurückweisung bei Asylgesuchen soll im Idealfall nach Absprache mit den Nachbarn erfolgen, sei im Notfall aber auch im Alleingang möglich.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht die versprochene Wende in der Migrationspolitik auf einem guten Weg. Zu “Bild” sagte er: “Zurückweisungen werden massiv hochgefahren, der Familiennachzug ausgesetzt, Rückführungen nach Afghanistan ermöglicht. Eine solche Fülle an Maßnahmen konnte in den letzten zehn Jahren an keiner Stelle vereinbart werden, das ist nun gelungen.”

Spahn will zurückweisen – “so oder so”

Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn (CDU), kündigte Zurückweisungen von Asylbewerbern auf breiter Front notfalls auch gegen den Willen der europäischen Partner an. “Da steht nicht zustimmen, sondern in Abstimmung. Wir sehen alle Rechtsgrundlagen da, um es so oder so durchzusetzen”, sagte Spahn im Podcast von Table-Briefings.

“Wir machen uns nicht abhängig von der Zustimmung der anderen Länder”, sagte Spahn. Man werde die europäischen Partner informieren und im besten Fall es mit ihnen auch abstimmen. Aber dass erstmals seit 2015 Zurückweisungen auch bei Asylgesuchen erfolgen, sei ja gerade der Kern der Migrationswende. Die SPD sei bei dem Thema sehr kooperativ gewesen. “Wir haben bei der Begrenzung der Migration ein gemeinsames Interesse.”