Berlin – Die Bundesregierung und Kirchen verteidigen den inzwischen auch in den Koalitionsparteien CDU und CSU umstrittenen Migrationspakt der Vereinten Nationen gegen wachsende Kritik. Die weltweite Herausforderung der Migration könne nur global und multilateral angegangen werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Nationale Alleingänge führten in Sackgassen.
Der „Vertrag für sichere, geordnete und geregelte Migration“ soll eine internationale Grundlage für den staatlichen Umgang mit Migration schaffen. Bislang gebe es nur für Flüchtlinge einen international festgeschriebenen Schutz, heißt es darin. Staats- und Regierungschefs wollen die völkerrechtlich nicht bindende Vereinbarung im Dezember im marokkanischen Marrakesch verabschieden.
Der zuletzt auch im Bundestag kontrovers diskutierte Pakt sei „im deutschen Interesse“, hatte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, in Berlin im Vorfeld der Debatte über die Vereinbarung betont. Seibert sagte, der Pakt nehme insbesondere Herkunfts- und Transitländer von Migranten in die Pflicht und schade Deutschland in keinem einzigen Punkt. Vielmehr werde darin erstmals die globale Verantwortung für Migration beschrieben. So gebe es ein Bekenntnis zur Grenzsicherung, zum Ende der Straflosigkeit von Schleusern sowie eine Verpflichtung der Herkunftsstaaten zur Rücknahme ihrer Bürger, die sich unrechtmäßig in einem anderen Land aufhielten, betonte er.
Der Weltkirchenrat rief alle Länder zur Unterzeichnung auf. Das geplante Abkommen werde den dringend benötigten Schutz von Migranten fördern, betonte der Exekutivausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) im schwedischen Uppsala. Der Weltkirchenrat gab allerdings zu bedenken, dass viele Menschen in den Aufnahmeländern Ängste und Vorbehalte hätten. Es bestehe die Furcht, dass die Migration zu Umwälzungen und Verdrängungen in Wirtschaft, Kultur und Religion führe. Doch solle der globale Pakt die weltweite Migration regulieren, versicherte der Rat.
Der Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Martin Bröckelmann-Simon, bezeichnete den Migrationspakt als Chance für den Umgang mit weltweiter Migration. Das Abkommen biete die Möglichkeit, gemeinsame Leitlinien zu beschließen, erklärte Bröckelmann-Simon in Aachen. Er verwies darauf, dass der Pakt für die Unterzeichner nicht bindend sei und betonte: „Wir hätten uns dagegen ein völkerrechtlich verbindliches Dokument gewünscht.“
Die UN hatten sich im Juli auf den „Vertrag für sichere, geordnete und geregelte Migration“ geeinigt, der eine weltweit akzeptierte Grundlage für den staatlichen Umgang mit Migration sein soll. Das Abkommen soll chaotische und lebensgefährliche Migration verhindern. Die Migranten sollen nicht in die Hände krimineller Schleuser fallen und in ihren Aufnahmeländern nicht Opfer von Diskriminierung und Ausbeutung werden.
Der Pakt gibt 23 Ziele vor. So sollen Migranten Ausweispapiere erhalten und Grenzen gesichert werden. Die Staaten sollen die beruflichen Fähigkeiten von Migranten fördern und ihnen Zugang zu grundlegenden Leistungen geben, darunter etwa Schulbildung für Kinder. Diese Leistungen gehen aber nicht über die Angebote hinaus, zu denen sich die Staaten ohnehin verpflichten. Der Pakt verpflichtet die Unterzeichner-Staaten auch nicht zur Aufnahme von Migranten. Es wird das Recht jedes einzelnen Staates anerkannt, selbst seine nationale Migrationspolitik zu bestimmen.
Deutschland gehört zu den mehr als 180 Staaten, die das Abkommen annehmen wollen. Ungarn, Österreich und die USA stehen dem Vertrag hingegen kritisch bis ablehnend gegenüber. Rechtsextreme und rechtspopulistische Bewegungen und Parteien stellen ihn als Eingriff in die nationale Souveränität dar. AfD-Politiker sprechen gar von einer „Einladung“ an Menschen in Nordafrika und dem Mittleren Osten zur Masseneinwanderung nach Europa. epd/UK
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UN-Pakt für besseren Schutz
Die Vereinten Nationen wollen das Los von Millionen Menschen auf der Flucht verbessern. Bundesregierung und Kirchen setzen sich für die Unterzeichnung des UN-Abkommens ein

Wolf-Dieter Vogel